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06.11.2015: Tallinn / Esti Kasitöö + Riho Toomra

06.11.2015: Tallinn / Esti Kasitöö + Riho Toomra

Ein Vormittag noch in Tallinn, dann brechen wir nach Pöltsamaa auf, Tagesziel wird dann Tartu sein, aber erstmal sind wir noch in der Hauptstadt.

Sonnenaufgang kurz vor sieben

Sonnenaufgang kurz vor sieben

Dramatisch geht die Sonne auf und ich bin unruhig, möchte noch sovieles sehen. Lizzy, die ihre Augen überall hat, hat entdeckt daß gerade eine Ausstellung mit den Arbeiten von Riho Toomra zu sehen ist. Ich habe Riho Toomra hier schon auf der Wockensolle vorgestellt, aber bisher noch keine Gelegenheit gehabt, seine Arbeiten in natura zu sehen. Was habe ich doch immer für ein Glück!

Aber ersteinmal geht es (zum wievielten Male?)  ins Handarbeitszentrum in die dortige Ausstellung. Im Eesti Rahvakunsti ja Käsitöö Liit werden Arbeiten der Designerin Lembe Maria Sihvre gezeigt: Das Leben ist eine Blume ist das Motto. Und ihre Arbeiten sind wunderschön, wenn auch ein wenig dramatisch...

Lembe Maria Sihvre Designs

Lembe Maria Sihvre Designs

Lembe Maria Sihvre

Vorbei an einem Caféfenster mit einer ungeheuren Tassen-Installation geht es dann zu den Kunststrick-Decken Herbert Nieblings.

Wer will die abstauben?

Wer will die abstauben?

Riho Toomra

Riho Toomra

Riho Toomra ist anwesend und so kann ich ihm meine Bewunderung ausdrücken und ihn ausfragen, was mir so alles in den Kopf kommt. Er strickt seine wunderschönen Decken mit Garn von Coats, er nutzt Rundnadeln und gerade hat er auch noch eine Ausstellung in Holland.

wie immer: für die Anzeige auf die Vorschaubilder klicken!

Ein Video des estnischen Fernsehens stellt Riho vor, und auch wenn man die Sprache nicht versteht, die unglaubliche Mischung aus Kunststricken und Rockmusik, Heavy Metal und Fine Yarn, kommt gut rüber!

Riho Toomra im TV

Der Link führt zum Video auf der TV-Seite

Herbert Niebling – Meister des Kunststrickens

Herbert Niebling – Meister des Kunststrickens
Herbert Niebling (geboren 1902) starb im Mai 1966 in Freiburg und fand auf dem Bergäcker-Friedhof seine letzte Ruhestätte. Seit seiner frühen Kindheit strickte er und kam im zarten Alter von 18 Jahren zum ersten Mal mit "Kunststricken" in Berührung. Im Gegensatz zu...

26.08.2016 – 25 Jahre Sena Klets – ein Vierteljahrhundert lettische Trachtenpflege

26.08.2016 – 25 Jahre Sena Klets – ein Vierteljahrhundert lettische Trachtenpflege

Das Jubiläum des lettischen Trachtenzentrums Sena Klets (Alter Speicher) in RIga habe ich hier auf der Wockensolle schon etliche Male angesprochen, ich habe schon einen Kurz-Bericht erstellt, man findet bei Facebook viele Fotos, es gab Fernsehübertragungen, die Medienaufmerksamkeit in Riga war groß.

Welchen Rang hat dieses Zentrum, was ist das Besondere?

Die Republik Lettland erklärte 1990 ihre Selbständigkeit von der Sowjetunion, defacto wurde dieser Beschluss allerdings erst am 21. August 1991 wirksam, und nur 5 Tage später gründete Maruta Grasmane das Trachtenzentrum Sena Klets. Eine turbulente Zeit, das Ende der sowjetischen Besatzung und der Beginn der Neubesinnung.

Maruta Grasmane ist Autorin dreier Bücher:

  • 1995: Krustpils novada tautas tērps (Trachten aus dem Bezirk Krustpils)
  • 2000: Latviešu tautas tērpi. Raksti. Izšūšana (Lettische Volkstrachten. Muster. Stickerei)
  • 2012: LATVIESA CIMDI / 2015: MITTENS OF LATVIA / 2016: Handschuhe aus Lettland
Vaira Vīķe-Freiberga mit dem Buch

Vaira Vīķe-Freiberga, Präsidentin Lettlands von 1999 bis 2007, mit dem Buch "LATVIESA CIMDI"

Inzwischen besteht das Zentrum 25 Jahre und hat eine feste Bleibe am Rigaer Rathausplatz gefunden.

25 Jahre Sena Klets

25 Jahre Sena Klets

Welche Reputation das Zentrum sich erarbeitet hat, konnte man den Grußbotschaften (unter anderem von Vaira Vīķe-Freiberga), entnehmen. Die amtierende Kultusministerin, Dace Melbārde, nahm selbst an der Feier teil.

Dace Melbārde, die Kultusministerin

Dace Melbārde, die Kultusministerin, in einer "archäologischen Tracht" beim Brot-Brechen

Vom Rathausplatz zog der Festzug über die Daugava-Brücke zur Nationalbibliothek.

der Trachtenzug auf der Daugava-Brücke

der Trachtenzug auf der Daugava-Brücke

Einzug in die Bibliothek

Einzug in die Bibliothek

Aus allen Regionen des Landes waren die Teilnehmer und Gäste in ihren Kostümen angereist.

In der Halle vor dem Festsaal

In der Halle vor dem Festsaal

Nach dem Einzug der Jubilare stellten sich die Teilnehmer der einzelnen Regionen auf der Bühne vor, eine Musikgruppe brachte dazu Volkslieder aus den jeweiligen Regionen dar.

Archaische Trachten

Archaische Trachten

Auf der Bühne

Auf der Bühne

Nach traditioneller Art brachen die Redner Brot und nahmen einen Schluck aus dem Wasser-Krug (in den vorher ein Silberstück getan war).
Welchen Einfluß die Trachten auf die zeitgenössische Mode haben, zeigte die Modenschau, bei der natürlich auch Handschuhe gezeigt wurden!

Modenschau: Alt und Neu

Modenschau: Alt und Neu

Drollig fand ich, wer bei der Verlosung Preise gewann. Linda Rubena vom Lettischen Nationalen Kulturzentrum war ebenso Preisträgerin wie Inna Valtere, eine Meisterstrickerin. Das Losglück bescherte ihr ein Exemplar des Handschuhbuchs, wo sie doch selbst Handschuhe für das Zentrum strickt;=)

Inna Valtere gewinnt ein Buch

Inna Valtere gewinnt das Buch

Leider waren die japanische, norwegische und deutsche Ausgabe des Buches noch nicht aus der Druckerei gekommen, wir hatten uns darauf sehr gefreut.

Wie klein die Welt der Handarbeitsmeister ist, wurde mir wieder bewußt, als ich im Untergeschoss die Ausstellung mit den Kunststrick-Decken von Riho Toomra sah, dem Meisterstricker aus Tallinn. Ihn habe ich in Tallinn kennengelernt und auf der Wockensolle auch schon mehrfach vorgestellt.

Riho Toomras Ausstellung

Riho Toomras Ausstellung

Erfüllt und freudig ging dieser Tag zuende, welch ein Fest.

Wir haben in Deutschland wohl nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen, bei uns sind die Traditionen abgeschnitten. Trachten sind altmodisch oder politisch unkorrekt, gehören nicht mehr zum Alltag und verschwinden aus unserem kulturellen Gedächtnis.

Ein Gedankenspiel:

Lettland hat ebensoviel Einwohner wie Hamburg. Können wir uns 200, 400 oder gar 800 verschiedene Hamburger Handschuhmuster vorstellen, also ein Paar aus der Eulenstrasse, eines aus der Wachtelstrasse in Dulsberg oder der Lerchenstrasse in Altona? Irgendwie nicht.

Spitze stricken …

Spitze stricken …

Damit meine ich nicht daß man toll stricken kann, sondern das Stricken von Spitze, neustrickerisch auch Lace genannt. Auf meiner Reise nach Estland habe ich ja einige Bücher zum Thema Lace gesehen und gekauft, ich habe über Riho Toomra, der jetzt wohl von Wacken 2015 zurück ist geschrieben und ich habe mir Strickschriften von Herbert Niebling bestellt. Nachdem ich den roten Schal fertiggestellt hatte, dämmerte es mir, daß ich ja jede Menge buntes Garn aus Riga für Spitzenstrickereien nutzen könne, irgendwann sollen diese Konen ja mal abgestrickt sein.Wolle aus RigaJa, und dabei habe ich festgestellt, daß die Garne unterschiedlich fein sind. Das blaugrüne Garn war besonders fein und so habe ich das herausgesucht, um ein estnisches Muster aus Nancy Bush's Knitted Lace of Estonia zu probieren. Und beim Überlegen der Konstruktion kam ich ins Grübeln, wie sollte ich den Rand, ein Feather-and-Fan aus Shetland, am Ende wiederholen? Das Muster kann man ja nicht kopfstehend stricken.. Ich fragte die Spezialistin für Shetland-Lace, Elizabeth Lovick, um Rat. Sie meinte, ich solle die letzte Reihe des Schals und die letzte Reihe des Randes im Maschenstich zusammenfügen (grafting) und da hab ich mich dann doch geschämt.

Elizabeth Lovick: The magic of Shetland Lace Knitting / lettische Ausgabe

Elizabeth Lovick: The magic of Shetland Lace Knitting / lettische Ausgabe

Nancy Bush: Knitted Lace of Estonia

Nancy Bush Knitted Lace of Estonia

Nancy J. Thomas: Shawls and Scarves

Nancy J. Thomas: Shawls and Scarves

Ich gebe mich ja meinem Strickbücher-Sammel-Tick ungeniert hin, aber wenn ich dann was wissen möchte, schaue ich da nicht nach!

Also habe ich dann in ihrem Buch The Magic of Shetland Lace Knitting nachgesehen. Und da ist es genau beschrieben, wie auch in Nancy Bush’s Knitted Lace of Estonia.

Mein Bücherregal birgt so manchen Schatz, den ich bisher nicht angemessen gehoben habe. Denn Shawls and Scarves: The Best of Knitter’s Magazine von Nancy J. Thomas hatte ich bisher nur einmal durchgeblättert und dann ins Regal gestellt.

In jedem der genannten Bücher wird die Vorgehensweise beschrieben! Aber es ist ja immer leichter zu fragen als selbst nachzusehen…

Nun, und wie weiter? Nun liegen alle Lace-Bücher im Zimmer herum, ich schmökere und bin so richtig angefixt…

Nach dem roten Schal kam der blaugrüne Schal und jetzt ist der beige-leichtgrüne Schal auf der Nadel, alle aus dem selben Krabbel-Korb in Riga und jeder mit einer anderen Garnstärke.

Und beim blaugrünen Schal, das muss ich gestehen, habe ich doch die einfachere Methode gewählt, annähen… Das Zusammenfügen mit dem Maschenstich werde ich an einem Testsampler mal üben…

Blaugrünes Tuch

Blaugrünes Tuch

Und so liegt das neue Tuch im Streckbett und ich gehe wieder stricken. Mein Vorhaben, die Wockensolle-Seite etwas anders zu gestalten, muß warten, mir fällt immer wieder was Neues ein, was ich auch noch umsetzen möchte, und dann geht es wieder ans Programmieren, aber heute nicht mehr!

Vom Faden zum Kunstwerk

Vom Faden zum Kunstwerk

Riho Toomra: Ausstellung zu Herbert Nieblings 110. GeburtstagDen letzte Sonntag in Tallinn habe ich ruhig angegangen, gelesen, Kaffee genossen und dann ein Treffen mit Lizzy. Ich kannte sie bisher nur aus Ravelry, denn sie strickt wunderschöne Dinge, reist viel im Baltikum und lebt in meiner ehemaligen Heimatstadt Hamburg... genug der Gemeinsamkeiten! Wir hatten ein angeregtes Gespräch und stellten noch viele weitere Gemeinsamkeiten fest. Und dann die Überraschung:

Lizzy schenkte mir den Katalog der Ausstellung "From Thread to Art" zum 110. Geburtstag von Herbert Niebling, dem deutschen Meister-Kunst-Stricker. In Riga hatte ich das Plakat der Ausstellung gesehen und es bedauert, daß ich wieder einmal zu spät gekommen war!

Riho ToomraDie Decken wurden alle von Riho Toomra gestrickt, einem wahren Zauberstricker aus Estland. Solch ein Geschenk eine  Woche vor dem Geburtstag, das habe ich gleich weggepackt und für den Gabentisch aufgehoben. 

Riho Toomra, 50 Jahre, hat ein Reisebüro, Metal Travel Agency,  und organisiert Reisen zu HeavyMetal-Festivals, so z.B. nach Wacken, ein martialischer Kerl, den man sich eher mit ölverschmierten Händen denn mit einem Strickstück in der Hand vorstellt. Noch mehr erfährt man hier auf dieser Seite des Menzendorf-Museums in Riga.

Lizzy hat mir dann noch einen Link zu einem Video über ihn geschickt, das ich hier gerne einbette.


Piret Järvis story about Riho Toomra @ Pealtnägija von bigproblem11

Selbstverständlich ist Riho auch bei Ravelry und Facebook und 20 seiner Werke sind bei Ravelry zu bewundern. Und in dem Video, welches in estnischer Sprache ist, kommt dann auch Ulve Kangro, deren Atelier ich hier schon vorgestellt habe, zu Wort.

Wieder einmal durfte ich erleben, welche Verbindungen gemeinsames Interesse schaffen kann, welche Fäden sich zwischen Strickern, Designern, Liebhabern knüpfen.  Und wie bereichernd das ist!

Das Nachhausekommen nach einer solch intensiven Reise, nach so vielen Eindrücken, ist nicht so einfach, da ist das Zuhause-Sein erstmal schwierig. Mir blieb nur wenig Zeit zum Ruhen, denn Feiertage standen an. Zu meinem Geburtstag hatten sich meine Nichte samt Mann, Neffe samt Mann und Schwager und Schwiegermutter aus Madrid angekündigt. Also aufräumen, vorbereiten, hoffen, daß das Wetter hält.

Es hat gehalten. Und der Geburtstag war wunderbar. Ich war von lieben Menschen umgeben und wurde reich beschenkt:

Geburtstagstisch

Mein Geburtstagstisch

Ein Hocker, dessen Bezug an Strickmuster erinnert (obwohl er geflochtene Bänder zeigt), großartige Photo-Bände von William Eggleston, von Lizzy der Katalog zur Ausstellung von Riho Toomra (links oben) und von Frau Wollfrosch ein wunderschönes Nadelspiel-Etui mit Snoopies und Polka-Dots samt kleiner Tasche für Maschenmarkierer und weiteres Kleinteiliges. Und weitere schöne Dinge... Nun bin ich 9x7 Jahre alt und freue mich.

Danke!

Und Herbert Niebling werde ich demnächst hier auf der Wockensolle auch mal einen Beitrag widmen, einige seiner Muster sind wieder aufgelegt worden und können bestellt werden.