Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Was ist so besonders am Handschuhstricken in Lettland, daß solche Bücher mit soviel Liebe und Sorgfalt erstellt und herausgegeben werden? Daß keine Mühen gescheut werden, die alten Traditionen wiederzubeleben und zu bewahren?

Nun, das Stricken gilt nach dem Singen als die zweite lettische Volkskunst und die gestrickten Handschuhe sind fest in der Tradition verankert. So gehörten sie früher zur Mitgift jeder Braut, aber nicht ein oder zwei Paare, nein, jeder Hochzeitsgast bekam ein Paar überreicht. Es soll Bräute gegeben haben, deren Mitgift bis zu 300 Paar Handschuhe umfaßte, welche sich alle im Muster unterschieden. Man kann sich gut vorstellen, daß die ganze Familie an einem solchen Schatz mitgestrickt hat.
Handschuhe wurden auch als Geschenke, Ehrengeschenke für Gäste, für Beerdigungen gestrickt und genutzt. Daneben gab es selbstverständlich Arbeitshandschuhe, aber diese sind nicht so gut erhalten, da sie ja bei der Arbeit verschlissen wurden.

Der NATO-Gipfel 2006 wird auch als "Renaissance der lettischen Handschuhe" bezeichnet, denn damals wurden 4500 Paare für die Gäste des NATO-Treffens gestrickt, eine klassische Geste: Handschuhe als Geschenk für Gäste. Diese Handschuhe wurden als "original" , "traditionell", "Volkskunst" bezeichnet, aber das waren sie eigentlich nicht, denn das Garn und die verwendeten Nadelstärken waren viel zu grob, und, wie Maruta Grasmane in einem Interview bemerkte, keine noch so beschlagene, geübte Strickerin könne in einem Monat mehr als 30 Paare ethnographische Handschuhe stricken.

Die Letten sind stolz auf ihr kulturelles Erbe und so war der NATO-Gipfel Ausdruck dieses Stolzes. Nun aber geht es in diesem Beitrag um das eine Buch von Maruta Grasmane, das zum ersten Mal 2012 erschienen ist, als Ergebnis einer mehr als 20jährigen Forschung.

Maruta Grasmane: Latviesa Cimdi

Maruta Grasmane: Latviesa Cimdi

Dieses Buch habe ich ja schon bei meinem ersten Riga-Aufenthalt vorgestellt und inzwischen habe ich einige Handschuhe aus diesem wunderbaren Vorrat nachgestrickt.

Es erschien 2014 in der zweiten Auflage, nachdem die erste Auflage aus dem Jahr 2012 innerhalb weniger Wochen vergriffen war.
Die zweite Auflage von 7000 Stück ist auch bald ausverkauft, aber inzwischen hat sich die Nachfrage so gefestigt, daß sogar Übersetzungen geplant sind.

Bis dato konnte man das Buch nur in Lettland oder in ausgewählten Online-Shops in den USA finden, oder man bestellte es per email an das Zentrum "Sena Klets", das Maruta Grasmane aufgebaut hat.

Die internationale Nachfrage, vor allem aus Japan, USA und Deutschland ! ist so groß, daß internationale Distriubutoren für die Neu-Auflage gesucht werden.

Mirdza Slava: Latviesu Rakstainie CimdiDas Buch gehört in eine Reihe mit dem bekannten, ebenfalls vergriffenen Werk Latviesu Rakstainie Cimdi von Mirdza Slava.

Aber während Mirdza Slava durch das Land gereist ist und überall nach Handschuhen gesucht hat, durchsuchte Maruta Grasmane Museen nach alten textilen Zeugnissen.

So gehen die Muster in ihrem Buch bis in das 18. Jahrhundert zurück, während Mirdza Slava die Traditonen dokumentierte, die im 20. Jahrhundert noch aufzufinden waren.
Deshalb kann Grasmane bei den einzelnen Modellen auch immer auf das jeweilige, zum Teil sehr alte Exponat in einem der Museen verweisen.

Einen großen Teil des Buches nimmt die Geschichte und ethnographische Aufarbeitung dieser großartigen lettischen Tradition ein.

Im zweiten Teil werden dann 177 Handschuhe, nach Regionen geordnet, vorgestellt, jeweils mit Foto und Strickschrift. Bei jedem Handschuh ist die Museums-Registratur mitangegeben und eventuell ein Hinweis auf ein Muster für die Handschuh-Innenseite, falls diese abweichend gestaltet ist.

"Ungurmuiza" Handschuhe aus Vidzeme

Im Zentrum "Sena Klets" gekaufte Handschuhe, die Anleitung im Buch und ein wenig Wolle...

Im letzten Teil gibt es dann Erklärungen zur Strickschrift, weitere Nachweise und einen Abriß der Handschuh-Tradition und der Symbolik in englischer Sprache.

Zur Vorbereitung der nächsten Auflage hat das Sena Klets - Zentrum einen kleinen Flyer verfaßt, der das Besondere des Buches umreißt und auf die anstehenden Übersetzungen hinweist. Sena Klets sucht Verlags- und Vertriebspartner für die internationalen Ausgaben.

Wer daran interessiert ist, möge sich wenden an:
Liga Turjanska, Project manager
email:

Maruta Grasmane: Latviesa Cimdi

Gebundene Ausgabe: 433 Seiten
Verlag: Sena Klets;
Auflage: 3  (2015)
Sprache: Lettisch
ISBN-10: 9934141418
ISBN-13: 978-9934141416

Bezugsadressen auf dieser Seite

Maruta Grasmane:
Handschuhe aus Lettland: 178 überlieferte Fäustlinge zum Nachstricken

Gebundene Ausgabe: 438 Seiten
Verlag: Sena Klets
Auflage: 1 (2016)
ISBN-10: 9934855526
ISBN-13: 978-9934855528