Schafwolle

Eine pommersche (Woll-)Moritat

Beim Stöbern in alten Zeitungen stieß ich im Online-Archiv des Pommerschen Greif e.V. auf eine Ausgabe der Heimatbeilage – Beilage zur „Jarmener Zeitung“ mit „Gützkower Zeitung“ , die zwischen 1931-1938 in unregelmäßigen Abständen erschien.  Mein Suchbegriff war eigentlich "Schmuggel", aber dann fand ich "Wolle" und las wie eine reiche Woll-Ernte zum Verderben führt:

Schmuggler- und Räuberunwesen in Vorpommern, Ausgabe Nr. 47/1937
Bis zum Jahre 1815 war die Peene Grenzfluß zwischen Preußen und Schweden. Deshalb waren überall Beamte der Zollpolizei an den Flußübergängen und Fähren angesetzt, die den Schmuggel mit zollpflichtigen Waren verhindern mußten. Auch die mecklenburgische Grenze war bis 1866 von Zollbeamten besetzt. So lassen sich für Jarmen und sogar für das benachbarte Leussin, Grenzbeamte, Offizianten genannt, nachweisen.
Trotzdem blühte der Schmuggel, ja es bildeten sich ganze Banden von „Kontrebandträgern“, wie sie das Volk nannte, die mit List und unter Lebensgefahren von Hüben und drüben Waren über die Grenze zu schaffen suchten. Das Geschäft brachte viel Geld ein, und gewissenlose Unternehmer gab es überall, für welche die Schmuggler arbeiteten. Vielfach waren es Juden, die sich an diesem unheilvollen Geschäft bereicherten. In unserer Stadt soll es ein Kaufmann gewesen sein, der, weil kinderlos, sein -gesamtes Vermögen und seine Aecker später der Stadt vermacht haben soll.
Geschmuggelt wurden vom Auslande zu uns besonderss Stoffe, hauptfächlich Seide, Kaffee, Salz, Tee, Wein, also Maren, die dort billiger als bei uns waren, auf denen ein hoher Zoll lag.
Das Schmugglerunwesen artete später zu förmlichem Räuberwesen aus. Banden bildeten sich, die vor Diebstählen und Ueberfällen, ja sogar qelegentlichen Mordtaten nicht zurückschreckten.

Eine ruchlose Tat, die jetzt noch im Munde des Volkes lebt, war der Mord an dem Gutsbesitzer Haberland in Thurow bei Anklam. Dieser, ein 79jähriger Mann, hatte im Frühjahr 1853 seine Wolle und andere landwirtschaftliche Artikel verkauft, den verhältnismäßig hohen Betrag sttatt auf eine Bank zu geben, in seinem Hause aufbewahrt.

Davon hatten zwei seiner eigenen Leute gewerbsmäßigen Schmugglern erzählt, die sich, 17 Mann hoch, sogleich vornahmen, das Geld zu rauben. Die Nacht vom 31. Mirz zum 1. April 1853 wurde dazu festgesetzt. An dem Raubzug beteiligten sich folgende 17 Personen: Wollwage nebst 4 anderen Leuten aus Krien, Schröder, Schlapmann, Wilhelm, Otto und Büdner Löß, sämtlich aus Iven, Bauer Graupmann aus Völschow, Kürschner K., Schlachtermeister B., Tagelöhner Riebe und Sohn aus Jarmen und zwei eigene Leute Haberlands, Wentzel und Haak.

Die Schwurgerichtsverhandlung fand Ende Oktober 1853 in Anklam statt.

Anklam

Gerichtsverhandlung

zwei eigene Leute Haberlands, Wentzel und Haak

Kürschner K., Schlachtermeister B., Tagelöhner Riebe und Sohn aus Jarmen

Bauer Graupmann aus Völschow

Schröder, Schlapmann, Wilhelm, Otto und Büdner Löß, sämtlich aus Iven,

Wollwage nebst 4 anderen Leuten aus Krien

Der Tatort

Es wurde festgestellt, daß Haberland durch eine Oeffnung in seiner Schlafstubentür erschossen worden war, nachdem die Räuber die Inspektoren geknebelt hatten. Dann wurde das Geld geraubt. Den Schuß hatte Wilhelm abgegeben. Er erhängte sich im Gefängnis. Wollwage und der Jarmener R. wurden zum Tode verurteilt, die übrigen zu Iebenslänglicher Zuchthausstrafe. Die beiden zum Tode Verurteilten legten Protest gegen das Urteil ein und wurden dann auch zu lebenslänglichem ZuchtHaus begnadigt. Der Bauer Schlapmann hatte sich erboten, 2000 Taler Kaution zu stellen, wenn man ihn aus der Untersuchungshaft frei Kieße, was aber wegen Fluchtverdachts vom Gericht abgelehnt wurde. Unter den Geschworenen war Herr von Heyden-Kartlow Obmann. Der Chronist dieser Tatsachen berichtet noch: „Lange schon hatte diese Bande ihr Unwesen in dieser Gegend getrieben.“

Und was lernen wir daraus? Das Geld gehört auf die Bank und die Schlafstuben-Tür geschlossen... nein, so denn doch nicht. Der alte Herr hat solch ein schreckliches Ende nicht verdient.
Immerhin weiß ich jetzt, daß in meiner unmittelbaren Umgebung soviel Wolle produziert wurde, daß ihr Ertrag zu schlimmsten Taten verleitete.

PS:  Danke an David Krüger, Ansprechpartner für den Altkreis Demmin beim Pommerscher Greif e.V., der mir den Artikel flugs aus dem Archiv zauberte!

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