Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Nun also der erste Bericht von meiner Reise, die mich im November 2015 über Riga nach Estland führte. Jeder Tag war vollgepackt mit Neuem, Verlockendem und Anregendem, und ich gehe am besten chronologisch vor, folge meinen kurzen Notizen und berichte.

Am frühen Nachmittag bin ich in Riga angekommen und ich habe diesmal kein Zimmer im Konvent Seta, sondern im Hotel Kolonna. Das liegt auch in der Innenstadt, es ist günstiger und es ist nicht von Reisegruppen aufgesucht, ich muß also nicht beim Frühstück warten oder mich zwischen die Wurstsortierer am Buffet zwängen.

Und direkt gegenüber liegt auch eine meiner Lieblingskonditoreien...

Heute nachmittag gehe ich nur durch die touristenleere Stadt, nicht einmal Japaner oder Chinesen sind gruppenweise unterwegs, alles ist viel ruhiger und die Bürgersteige sind viel breiter als im Sommer;=)

Ich komme bei Hobbywool vorbei, einem Laden, der eigentlich nicht zu meinen Stammgeschäften gehört, aber als Trendsetter gilt. Hier wird gerade gebaut, der Eingang ist etwas schwieriger zu finden, aber innen ist es wie immer. Ein Regal voller Geschenkpackungen mit Handschuh-Wolle samt Nadeln und Anleitungen und Knit-like-a-Latvian-T-Shirts, aber die Woll-Auswahl ist für den, der lettische / baltische Wolle sucht, nicht sehr groß.

Im Regal ist Wolle von Klippan Saule zu finden, eine Sorte, die ich mir schon letztes Jahr direkt beim Fabrikverkauf zugelegt habe. Die Wolle in den Handschuh-Sets jedoch ist von Limbaži. Dachte ich es mir doch;=)
Ansonsten führen sie Garne von Rowan, Lana Grossa und anderen renommierten Marken, aber kein einziges Lace-Garn. Und noch eine Info zu den Preisen: 100g Klippan Saule kosten 3,50€, Wolle von Limbaži wird nicht angeboten.

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Ein kurzer Blick noch in den Outlet-Shop von Zvaigzne ABC in der Valnu Iela, und der Woll-Korb dort ist reichlich gefüllt. Aber ich kaufe nichts (jedenfalls nicht an diesem Tag, am Tag drauf bin ich dann doch rückfällig geworden...)

Natürlich habe ich auch in die Buchabteilung von Valters un Rapa am Aspazijas Boulevard geschaut, aber da war diesmal gar nichts Besonderes, fast keine Auswahl, fast blamabel.

Vor der Petrikirche treffe ich meine Bekannte Vija Staskunas und halte ein Schwätzchen mit ihr. Ich bewundere ihr Stehvermögen und ihre Freundlichkeit immer wieder. 3 Tage in der Woche steht sie hier an der Petrikirche nahe den Bremer Stadtmusikanten und verkauft ihre Arbeiten.

In Riga bin ich viel alleine unterwegs, aber alleine fühle ich mich nicht. Die Stadt, zumindest die Altstadt ist mir inzwischen sehr vertraut, und ich habe ja auch schon einige Bekannte hier. Morgen dann steht mein Besuch bei Sena Klets, dem Trachten- und Handschuh-Zentrum, an, ein Treffen ist vereinbart, um die deutsche Ausgabe des Handschuh-Buches zu besprechen.

Ich bin nun schon wieder aus Riga abgereist und habe hier noch nicht berichtet. Das hat einen ganz banalen Grund: ich habe das Display meines Notebooks zerdeppert und kann nun nicht mit dem Gerät online gehen, keine Bilder für den Upload bearbeiten und und und...

Und nun bin ich schon in Tallinn und sitze am Hotelcomputer. Ungewohnte Tastatur etc. aber heute abend kommt mein Mann aus Berlin angeflogen und ich kann dann sein Notebook benutzen. Bis dahin stricke ich an meinem roten Schal weiter...

Aber ich kann schon ein wenig berichten. Ich habe meine Bekannte am Platz vor der Peterkirche wiedergetroffen, unermüdlich steht sie dort und verkauft ihre gehäkelten und gestrickten Mützen, Schals und Socken, Dann hatte ich ja einen Termin im Zentrum SenaKlets wegen der deutschen Ausgabe des Handschuhe-Buches, die für nächstes Jahr geplant ist und ich habe eine Ausstellung traditionell gewebter Stoffe und schöner Handschuhe gesehen, doch 2 Strang Wolle gekauft und wieder ein Buch, und ansonsten die Stadt genossen, Das alles werde ich hier noch mit Bildern ausführlich beschreiben.

Nun steht hier in Tallinn der St. Martins Markt an, wird morgen eröffnet, eine grosse Handarbeitsmesse. Ich bin sehr gespannt. Und ich werde berichten, wenn ja wenn ich wieder an einem richtigen Rechner arbeiten kann. Bis dahin!

 

Das Museum zuerst: Ich habe es ins National History Museum of Latvia geschafft, bin die alten steilen Treppen hochklabüstert und habe mir die Trachten und Kostüme angeschaut. Eine Museumwärterin war ein wenig schlechtgelaunt und so habe ich nicht fotografiert. Die Scheiben reflektierten denn doch gar zu sehr.
Was ich in dem Museum gesehen habe, kannte ich schon. Das soll aber nichts über die Qualtät aussagen, vielmehr sind ja viele der Handschuhe von Maruta Grasmane dokumentiert worden und in anderen Publikationen sind die Trachten auch ausführlich vorgestellt. Wunderbare Exponate!

Im gleichen Gebäude wie das Museum ist die Hauptpost. Und wie bei vielen Ämtern muß man eine Nummer ziehen und warten. So habe ich mich dort erkundigt, was ein Päckchen nach Deutschland kostet (3kg 24,00 €)und mir einen Versandkarton besorgt, dann noch Klebeband und einen dicken Stift. Auf diese Weise habe ich die in Riga erstandenen Bücher und die Wolle nachhause geschickt, ist mir lieber als das alles mit mir herumzuschleppen (und so habe ich doch noch Platz im Koffer und freies Gewicht....) Nach dem Ende der Transaktion überreichte mir die Schalterdame noch ein Werbegeschenk: ein Testpackung Damenbinden... was fange ich nun damit an? Aus dem Alter bin ich raus, gehöre ich doch zu den Menschen mit Klimakteriumshintergrund ;=)

Der heutige Tag war wohl für viele junge Menschen ein besonderer Tag. Erst dachte ich, es handelte sich um eine Hochzeit, als ich die vielen herausgeputzten Menschen mit den wunderschönen Blumensträußen vor dem großen Gebäude in der Merkela-Iela  sah.  Es handelt sich aber um die Universität und heute wurden die Diplome vergeben.Vor der Universität in RigaExamensgratulantenSpäter habe ich dann viele der Diplomanten vor dem Freiheitsdenkmal gesehen, wo sie mit dem Diplom und den Blumen posierten.

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Aber die jungen Diplomanten waren nicht die einzigen, die mit Blumen unterwegs waren. Ich konnte die vielen Sträuße gar nicht zählen, die ich heute gesehen habe. Und ich kann nicht umhin, hier noch Bilder von den Blumenständen in der Krisjana-Barona-Strasse zu zeigen. Noch nie habe ich soviele Wickensträuße auf einmal gesehen und gerochen. Ich mußte der Versuchung sehr widerstehen, mir noch welche zu kaufen, im Hotelzimmer steht ja ein Strauß in der Vase und duftet herrlich.

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Beim Spazieren sind mir in der Nähe der National-Oper nicht nur  die grünen Männer, die da im Gerüst herumturnten, aufgefallen, sondern auch etliche Liebesschlösser an den Brücken über den Stadtkanal, einige davon noch sehr sehr frisch. Dabei waren die vielen Schlösser erst vor geraumer Zeit abgeräumt worden, um die Geländer nicht zu zerstören.

Nikolai und Kristina scheren sich nicht drum. Dann wünsche ich ihnen mal viel Glück mit der jungen Liebe.

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Aber zum Schluß doch noch ein wenig Wolle: "Tines" in der Richard-Wagner-Straße hat immer so schön dekorierte Schaufenster und gerade ist alles dort gelb. In diesem Geschäft gibt es gestrickte Kleidung, Handschuhe, Wolle, Souvenirs, Leinen, und ich muß mich immer zusammenreißen und mit geschlossenem Portemonnaie vorbeigehen...
Tines - handmade knitwearDas Geschäft hat auch eine sehr schöne Webseite: http://tines.lv/en/ , ich glaube ich habe hier auf der Wockensolle das Geschäft schon einmal vorgestellt.

Und morgen muss ich früh raus, es geht nach Tallinn!

Es ist schon erstaunlich, wieviele Menschen aus welchen Ecken der Welt nach Riga reisen, meistens auf einer Rundreise "Litauen - Lettland - Estland". Viele Asiaten, sehr viele junge Russen, die Menschen drängen sich so sehr auf den schmalen Gehsteigen, daß die Regenwasser-Fallrohre besonders geschützt werden müssen (gesehen auf dem Weg zu SenaKlets...) (mehr …)

Welch herrlicher Tag! Schon heute morgen, als die Altstadt noch ganz leer war, schien die Sonne so wunderbar und die vielen Blumen strahlten um die Wette. Ob es die kleinen Stiefmütterchen in den Blumenkästen sind

Blumenkasten in der Kaleju Iela

Blumenkasten in der Kaleju Iela

oder die grossen Blumenkaskaden auf den Plätzen, alles lachte um die Wette. Und selbst die abgefeierte Bierbar mit den Resten einer durchzechten Nacht wird durch die Blumen verschönt.Blumen an der BierbarIch habe mir also vorgenommen, den Tag nicht in den Museen sondern auf Parkbänken in der Sonne zu verbringen. Und das war richtig. Am Stadtkanal im Bastei-Park, Bastejkalna Parks, ließ es sich herrlich ruhen. Und alles unter dem Schutz des Sonnensymbols.

Eine geschmückte Eiche

Nicht nur an diesem Baum hingen die Sonnensymbole, überall waren sie zu sehen. Das tut der Seele nach dem kalten Frühsommer gut! Am Kanal waren auch viele Wikingerboote mit schönen Wimpeln zu sehen, den Zusammenhang dieser wohl Kunstaktion habe ich noch nicht  herausgefunden. Aber das wird noch.

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Als ich auf einer Bank in der Sonne saß und so vor mich hinstrickte, kam eine alte Dame auf  mich zu und meinte, es sei Sonntag, da solle man ausruhen, in die Kirche gehen oder lesen, aber nicht stricken. Ich versuchte ihr zu vermitteln, daß Stricken für mich keine Arbeit sondern ein Pläsir sei, bin mir aber nicht sicher ob sie mich so wirklich verstanden hat.

Ich habe also genußvoll weitergestrickt, ab und an, wenn die Sonne zu stark wurde, die Parkbank gewechselt und am Abend dann die Abendsonne am Rathausplatz genossen. Kinder erfreuten sich an riesengroßen Seifenblasen, eine Blaskapelle schrammelte tüchtig und alle waren frohgestimmt.

Morgen geht es dann in Ausstellungen und zu Sena Klets und am Dienstag in die Museen, ich möchte ja nicht nur faulenzen.

Mein Schal aus Klippan-Saule-Wolle

Mein Schal aus Klippan-Saule-Wolle

Die Wolle, deren Rot wohl so gar nicht zur Geltung kommt auf diesem Bild, stammt aus Riga, vom Fabrikverkauf von Klippan-Saule (auch wieder die Sonne!)Klippan-Saule-Schal

Für die etwas unzüchtige Form des Wollknäuels kann ich wirklich nichts!

Das war ein anstrengender Flug, der Flieger voll und etliche ununterbrochen schreiende Kleinkinder, da hilft kein Ohropax...

Am Abflug hatte ich mich noch geärgert, daß ich mein Strickzeug wegen der Sicherheitsauflagen in den Koffer verfrachtet habe und dann geht vor mir eine US-amerikanische Staatsbürgerin durch die Sicherheitskontrollen, hat ihre ganzen Körperpflegeartikel (mehr als die jeweils 100ml in Plastikflaschen) im Rucksack und dazu noch eine 15cm lange Friseurschere. Und die Sicherheitsbeamtin läßt sie damit durch. Ja so ist das. Die Ami-Terror-Hysterie schlägt sich überall auf der Welt nieder, aber die eigenen Staatsbürger sind so naiv wie aus dem Wald geküsst... und kommen damit durch.

Nun ja, jetzt bin ich in Riga. Bestes Wetter, gleiches Hotel, diesmal fast ein Apartment (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad), aber soviele Touristen, das hatte ich nicht erwartet. Mein erster Gang durch die Buchläden war ein wenig enttäuschend: der Laden in den "Galerias Centers" ist in den 4. Stock gezogen und führt gar keine Strickbücher mehr, auch bei Zvaigze Outlet nichts, dafür aber dieser Fund im dritten Laden:

Ellizabeth Lovick: The magic of Shetland Lace Knitting / lettische Ausgabe

Elizabeth Lovick: The magic of Shetland Lace Knitting / lettische Ausgabe

das hat mich gefreut. Hier in Lettland heißt die Autorin übrigens Elizabete Lovika!

Die Zeit fliegt so schnell und ich habe noch immer die Shetland-Reise im Kopf, da geht es schon auf die nächste Reise!

Ich werde in Riga das Historische Museum und dort natürlich die Textil-Abteilung aufsuchen, im Sena Klets Zentrum vorbeigehen und ansonsten herumspazieren und mich wohlfühlen. 4 Tage bin ich dort, dann geht es nach Talinn in Estland. Dort war ich noch nie!
Auch Tallinn hat strickmässig viel zu bieten: der Wollmarkt in der Müürivahe Strasse,, der von Montag bis Freitag geöffnet hat, die Wollwand am Viru-Tor und viele viele Geschäfte. Lappone hat das in seinem Blog schon ausführlich beschrieben: Tallinn from a knitter's perspective. Ich werde mir das Angebot genau anschauen, aber ich werde sicherlich nicht wieder viele Wolle kaufen, mein Vorrat sollte erstmal reichen! Dafür habe ich aber vor, Strickbücher einzukaufen, es gibt wunderbare Bücher über die verschiedenen estnischen Traditionen.
Eine ganz große Versuchung ist allerdings Karnaluks, der Textiliengroßhandel. Allein das Angebot im Online-Shop ist schon verlockend. Auf der Seite von Knit'n Pearl habe ich die Info über dieses Geschäft entdeckt.

University of Tartu, Craft CampNach drei Tagen in Tallinn beginnt dann das Craft Camp der Kultur-Akademie Viljandi in Olustvere!

Da bin ich doch sehr gespannt! WIeder werde ich Neues lernen und wieder werden sich neue Horizonte öffnen...

Nach der Woche in Olustvere habe ich noch ein paar Tage in Tallinn eingeplant, denn zum Einen findet vom 9. bis 12. Juli das Mittelalter-Festival in der Altstadt von Tallinn statt und zum Anderen möchte ich noch die Möglichkeit haben, Museen zu besuchen, Buchläden zu durchstöbern, falls ich beim Craft Camp noch ein paar Tipps bekommen habe und meine Neugier noch weiter gereizt wurde!

Und natürlich werde ich wieder ein Reisetagebuch hier auf der Wockensolle führen.