Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Ganz in der Nähe von Sena Klets, nur wenige Schritte weiter, findet sich der Ausstellungssaal des Kulturellen Zentrums "RItums". Ritums (Rhythmus) ist eine Dachorganisation verschiedener Kulturvereine. Schon bei einem ersten Rundgang am Sonnabend sahen wir eine Adventsfeier in den festlichen Räumen, und vom 16.11. bis zum 10.12. lud die Vereinigung Draudzība (Freundschaft) in ihre Ausstellung. Schon bei einem Aufenthalt vor 2 Jahren hatte ich eine Ausstellung dieser Gruppe im Zentrum Ritums besucht und die wunderbaren Exponate bestaunt.

Aber vor dem Ausstellungsbesuch erst noch ein Spaziergang durch das etwas angeschneite Riga... viel blieb ja nicht liegen..

Bei jedem Besuch in „Sena Klets″, dem „Alten Speicher, schaue ich genauer hin, entdecke immer mehr Besonderheiten und erfreue mich immer wieder an den schönen Trachten, eine unendliche Fülle.

Das rechte Bild zeigt eine Brosche, ein Schmuckstück, das vom banalen Zweck, ein Tuch zusammenzuhalten, zu einem der wichtigsten Accessoires der lettischen (und auch der estnischen) Trachten wurde. Diese Broschen gibt es in allen Ausführungen, von einfach bis prachtvoll.

Aber jetzt zur Ausstellung im Ritums-Zentrum. Schon ein Blick durchs Fenster zeigt den Reichtum der Ausstellung.
Gewebte Tücher und dazu passende Handschuhe, Perlenarbeiten, Web-Gürtel, die ganze Bandbreite der traditionellen Textilien wird gezeigt.

Jede Arbeit ist mit einer Nummer versehen und aus ausliegenden Listen erfährt man die Namen der Künstlerinnen. Dabei habe ich allerdings eine Information übersehen: die wunderbaren Handschuhe mit 5 Farben in einer Reihe...

Beim Knitting Camp im Frühjahr bekamen wir während des Aufenthaltes in Rucava die Wolle und die Vorlage für diese Handschuhe, die uns aus zweierlei Gründen erstaunten: zum Einen die Dollarzeichen im Bündchen und dann Runden mit 5 Farben gleichzeitig!
Ich komme geradeso mit drei Fäden in einer Reihe zurecht, aber fünf? Das habe ich gar nicht erst probiert.

Inta Jansone aber hat sich daran gesetzt und dieses Paar gestrickt und nach Tallinn mitgenommen. Ich konnte die Handschuhe bei unserem Treffen am Mardilaat bewundern.
Deshalb schrieb ich ihr auch gleich, nachdem ich dieses hier im Ritums sah, daß sie ja jetzt eine museumswürdige Strickerin sei! Und hier zeigte sich, wozu Facebook gut ist: schnell kam die Korrektur, daß dieses Prachtpaar von Anda Mazvērsīte gearbeitet sei.

Anda war auch bei unserem Knitting Camp dabei und sie ist wirklich eine Meisterin!

Mit welcher Phantasie und Meisterschaft die Kunsthandwerkerinnen hier fähig sind, ist erstaunlich.

Immer wieder setzen sie neue Akzente, wie hier mit diesem Bündchen, das mit seinen bunten Tannennadel-Mustern dem schwarz-violetten Fingerhandschuh einen bunten Abschluß verleiht.

Vielleicht ein Einzelstück, ich habe diese Variation hier zum ersten Mal gesehen.

Nun aber zum Abschluß dieses Berichtes eine bunte Galerie. Handschuhe, Tücher, Perlen, und auch ungewohnte Variationen: statt mit einer Kontrastfarbe wurde bei manchen Arbeiten das Muster mit Perlen gearbeitet, sehr exquisit!

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Und noch ein paar Informationen für Riga-Reisende:

Kultūras un tautas mākslas centrs "Ritums"
Jauniela 29a, Rīga (Altstadt)
Telefon: 67105667
Webseite: https://www.ritums.lv/lv

50 m von Sena Klets entfernt, eine ideale Lage!

TAUTAS TĒRPU CENTRS SENĀ KLĒTS

Rātslaukums 1, (Rātes pasāžā, ieeja no Mazās Jaunielas)

Rīga, LV-1050, Latvija

Jauniela 29a, Rīga (Vecrīga)

Centra rajons, Rīga, LV-1050, Lettland

Als ich die Reise plante, den Flug und Hotel buchte, hatte ich gar kein festes Programm für diese Tage in Riga im Kopf. Nur eine Liste was ich tun möchte, sehen möchte, speisen möchte, lesen möchte... und wie immer: ein Tag fügt sich an den anderen und jeder Tag bringt interessante Begegnungen, intensive Gespräche und Erlebnisse.

Über die Anreise brauche ich nicht viel zu sagen, der kleine Leihwagen stand bereit und nach etlichem Rätseln und Blättern in der nur lettisch-sprachigen Betriebsanleitung des nagelneuen Klein-Japaners fand ich dann doch heraus, wie ein Automatik-Gefährt zu starten ist. Meine Lettisch-Kenntnisse sind limitiert, mehr passiv als aktiv, aber Bremze verstand ich und die entsprechenden Comic-Zeichnungen dazu auch.. Also ging es los.

Immer schon hatte ich vorgehabt, das Lettische Nationale Kunstmuseum zu besuchen, viel hatte ich gehört, wie schön es sei nach der grundlegenden Renovierung 2016, wie interessant die Ausstellungen dort, und an einem grauen Sonntagmorgen ist ja ein Museumsbesuch immer geraten..

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Das Nationale Kunstmuseum in einem prachtvollen Bau zeigt Kunst vom 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts und spiegelt in seinen Sammlungen die lettische Geschichte, nicht nur die Kunstgeschichte: die baltisch-deutschen Maler, die Italiensehnsucht, die Maler der Petersburger Schule, der Akademismus, klassische Moderne, Russische Avantgarde, sozialistischer Realismus und Dissidenz ... das sind nur Stichworte, die respektable Sammlung mit rund 500 Werken ist eindrucksvoll und zeigt wie sehr Lettland sich immer im Strom der Zeit befand, wie europäisch geprägt der Lettische Kulturelle Kanon ist.

Das Museum ist auch virtuell erreichbar: das Google Cultural Institute präsentiert 360 Werke aus dem Bestand des Museums online und stellt sie damit der Welt zur Verfügung.

Die temporäre Ausstellung über Künstler-Schmuck, "Von Picasso bis Koons", wurde im Kuppelsaal auf originelle Weise präsentiert. Wertvollste Schmuckstücke, mit Packpapier und Gurtstraffern umgeben.

Meine Favoriten? Werke aus verschiedenen Epochen: von Janis Rozentāls, Miervaldis Polis und Janis Tidemans, die ich nachstehend hier einbinde.

Janis Rozentals: Ganu meitas dziesma | Lied der Schäferin, 1898
das einzige Gemälde im Museum, auf dem eine Strickerin zu sehen ist.

Janis Tidemanis: Meitene tautas tērpā | Mädchen in Tracht, 1930

Miervaldis Polis: Sapņojums | Tagtraum, 1982

Polis gilt als einer der wichtigen Vertreter des Photorealismus und hier hat er auf altmeisterliche Art ein Porträt gestaltet, welches auf verblüffende Weise der estnischen Textildesignerin Kristie Joeste ähnelt...

Die Berichte über den Ausflug an die Küste, den Besuch im Ritums-Zentrum und die Fahrt nach Cesis folgen in den nächsten Tagen!

Die wirklich letzte Reise dieses Jahr, wenn ich von dem geplanten Aufenthalt in Hamburg kurz vor Weihnachten absehe, geht noch einmal nach Riga.

Ich habe dies als Ferienreise geplant, also Museen besuchen, herumstromern, im Café sitzen, Treffen mit Freunden, auch ein Gang über den Weihnachtsmarkt... und dann konkretisiert sich auf einmal das Programm.

Endlich das Nationale Kunstmuseum besuchen, im Zentrum Ritums die aktuelle Ausstellung "Svetki"  bewundern (gerade mal 10 Schritte von Sena Klets entfernt, an der nächsten Ecke), nach Büchern stöbern, und an einem Tag fahren wir auch nach VIdzeme, nach Cesis, und treffen dort Jana, die gute Seele von Klintawolle.

Das alles dient der Freude und der Vorbereitung einer Veranstaltungsreihe, über die ich noch nichts verlauten lasse.

 

Und noch was:

Die Anmeldung zum Craft Camp 2018 in Olustvere  / Estland ist nun möglich (und empfehlenswert, denn Frühbucher können etwas sparen).

Die Anmeldung geht in 2 Schritten voran, die Links dazu sind etwas versteckt unten auf der "About"-Seite zu finden;

in Step 1 gibt man seine persönlichen Daten ein, mit Step 2 trifft man die Auswahl für Workshops und Ausflug,

Daß ich die lettische / baltische Wolle liebe, ist wohl kein Geheimnis. Schon bei meinem ersten Besuch in Lettland war ich begeistert von den vielen Möglichkeiten, die diese Wolle bietet. Und natürlich auch von den Farben!

Immer wieder habe ich zugegriffen, in Riga findet man Wolle nicht nur in Wollgeschäften, sondern auch in Buchläden, in den Geschäften der Ladenkette "Zvaigzne ABC". Jedesmal habe ich etliche Stränge der herrlich bunten Wolle in 8/2er-Qualität mit nach Hause gebracht, und wenn mir das nicht reichte, habe ich, nachdem ich den Online-Shop "Klinta Wolle" entdeckte,  auch dort reichlich bestellt.

Nun plante ich zum ersten Mal eine selbstbestimmte Fahrt von Riga nach Estland (nicht im Flieger, nicht im Bus) und da lag ein Abstecher nach Limbaži auf der Hand.

Am Sonntag, den 2. Juli 2017, brachen wir von Riga auf und über kleine Straßen durch ein wunderschönes grünes Land, in dem auch ganz unerwartete Attraktionen am Straßenrand lauern, kamen wir nach Limbaži.

Limbaži - das ist eine Hansestadt im Norden Lettlands, in Vidzeme, eine Stadt, die oft durch Kriege zerstört und immer wieder aufgebaut wurde.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich hier Textilindustrie und heute schmückt der Kreis Limbaži  sein Logo mit einem Wollknäuel!

Seit 1914 gibt es die Wollfabrik SIA Limbažu Tīne, die heute bis zu 40 Mitarbeiter beschäftigt. Hier wird Wolle aus Lettland und Deutschland versponnen und verwoben zu ethnographischen Stoffen, und die Strickwolle in verschiedenen Qualitäten (von einfädig bis dreifädig) wird als Limbažu Tīne und seit einiger Zeit außerhalb Lettlands unter dem Label "Klinta" vertrieben.
Und ich horte und stricke diese bunten Schätze seit 2014 ...

Der größte Anteil der hier verarbeiteten Kammzugwolle (Rohwolle) kommt aus Deutschland und die Farben werden aus der Schweiz importiert.

  • Alle farbigen Garne sind 100% reine Wolle und bestehen zu 80% aus deutscher Merinowolle, die restlichen 20% steuern lettische Schwarzkopf-Schafe bei.
  • Die ungefärbten Garne stammen zu 90% von lettischen Schwarzkopf-Schafen. Die dunkelgrauen Farbtongarne enthalten etwa 60% schwarze Schafwolle aus Schweden.

Jana von Klintawolle ermöglichte uns den Besuch in der Wollfabrik, trotz Sonntag und Werksferien. Wir wurden durch die Produktionsräume geführt, tranken Kaffee im Showroom, besprachen Projekte und bewunderten dort die Ausstellungsstücke bevor wir in den Laden kamen.

 

wie immer: auf die Vorschaubilder klicken!

Im Geschäft dann war die Verlockung gross: alle Qualitäten (einfädig, zwei- und dreifädig, mit und ohne Farbverlauf) lagen aus, zu Preisen, die jede Anreise lohnen (und das Fassungsvermögen jedes Koffers übersteigen),

Aber Jana hatte dafür eine Lösung: sie bot uns an, unsere gekauften Schätze per Post nach Deutschland zu expedieren und jetzt sind die 3kg Wolle und 3m Stoff auf dem Weg nach Gribow.

Danke Jana!

Direktor: Jānis Krasovskis
Adresse: Pļavu 4, Limbaži, Limbažu n., LV-4001
Email: limbazutine@apollo.lv
Webseite: limbazutine.lv/english.html

Limbaži, Limbažu pilsēta, LV-4001, Lettland

Adresse: Klinta Wolle, Torstr. 205, D-10115Berlin

Webseite: http://klintawolle.de

Kundenregistrierung und Newsletter-Abo: http://klintawolle.de/index.php?route=account/login

Ende Juni starteten wir zu der großen Sommerreise in Riga. Wir - das waren meine Reisebegleiterinnen vom letzten Jahr, Ewa und Sue und Christiane, die neu dazukam.

Unsere Route sollte uns von Riga über Limbaži und Pärnu auf die Inseln Kihnu, Muhu und Saaremaa und dann über Haapsalu nach Tallinn führen. Ewa und Christiane reisen dann zurück nach Deutschland und Sue und ich nehmen am Craft Camp in Olustvere teil. Das war der Plan und so sind wir gereist.

Olustvere

Tallinn

Haapsalu

Mustjala

Oressaare auf Saaremaa

Muhu

Kihnu

Limbaži

Riga

Ich kam dieses Jahr zum dritten Mal nach Riga, fast fühle ich mich zuhause dort.

Bei recht schlechtem Wetter liefen wir durch die Stadt, verbrachten einen Morgen im Freilichtmuseum und fuhren auch einmal nach Jurmala, in den berühmten Badeort. Von Strandvergnügen konnte keine Rede sein, eher fühlte ich mich an den Herbst auf Norderney erinnert.

In Riga unterwegs

Man beachte den Aufkleber: Altona 93! 25 Jahre habe ich neben dem Fussballplatz dieses Vereins gewohnt, und nun fällt er mir hier ins Blickfeld ;=)

Ich hatte im Vorfeld der Reise schon einen Besuch bei Sena Klets vereinbart, denn meine Begleiterinnen kannten das Trachtenzentrum noch nicht. Maruta Grasmane spricht selten aber gerne Deutsch und so führte sie uns persönlich durch die Ausstellung, erzählte von den Anfängen des Zentrums und gab uns eine Einführung in die lettischen Volkstrachten.

Copyrght für diese Fotos: Sue Malvern 2017

Sue webt viel und weiß sehr viel über das Weben und so habe ich die wunderbaren Stoffe und Bänder mit ganz anderen Augen wahrgenommen.

Nach dem Besuch bei Sena Klets und den Ausflügen ins Freilichtmuseum und nach Jurmala war Limbaži unser nächstes Ziel.

Limbaži (L. in der Wikipedia) ist eine Hansestadt und Schwesterstadt der vorpommerschen Stadt Anklam, ganz bei mir in der Nähe. Leider ist diese Städtepartnerschaft ziemlich eingeschlafen... In Limbaži arbeitet die Wollspinnerei und Weberei SIA Limbaži Tine, ohne deren Wolle ich ja gar nicht mehr leben könnte ;=)

Limbaži
Die Wollspinnerei und Weberei SIA Limbaži TIne

Ein ausführlicher Bericht über den Besuch in der Wollfabrik folgt im nächsten Beitrag.

Und obwohl Betriebsferien waren und ein Sonntag noch dazu, konnten wir die Fabrik besichtigen, denn Jana aus Cēsis exportiert diese Wolle unter dem Label "Klinta Wolle" nach Deutschland und sie ermöglichte uns den Besuch.

Ja, was soll ich sagen, nun sind die drei Wochen in Lettland und Estland schon wieder um. Und ich bin müde und ausgelaugt, aber zufrieden und glücklich wieder nach Hause gekommen.

Morgen beginne ich mit meinem Reisebericht, heute geh ich noch Geburtstag feiern!

Und ich danke allen Freunden, die mir über etliche digitale Kanäle schon gratuliert haben, danke danke danke!

Leuchturm Kihnu

Deshalb erstmal nur ein erstes Bild: der Leuchtturm auf der Südspitze der estnischen Insel Kihnu.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich "Let's Knit in Kurzeme" dokumentiert habe, Auch im Ruhestand gibts viel Arbeit, viel zu tun und nicht immer war ich in Stimmung, meine wolligen Berichte fertigzustellen. Ich engagiere mich sehr in der Kulturpolitik bei uns im nordöstlichen Landkreis und in EU-Förderprojekten, das geht oft auf Kosten anderer Pläne und fordert viel Kraft, denn aufs Ehrenamt wird hier im ländlichen Raum gerne abgewälzt, was eigentlich Aufgabe der Öffentlichen Hand ist. Strukturpolitik? Kulturpolitik? Fehlanzeige.
Für die große Politik ist unser Vorpommern der ideale Ort für Schweinemastfabriken, Güllelager, Windräder (und nun drängt sogar noch ein irrelaufender Ingenieur ein Atomendlager in die Diskussion). Wir Bewohner stören nur. Die zermürbt man lieber mit Bürokratiewahnsinn und unhaltbaren Anforderungen bei Förderanträgen usw usw usw.

Genug geklagt. Aber das muss ich auch mal hier schreiben. Es ist ja nicht so, daß ich nur im Grünen sitze, Störche und Rehe auf der Wiese beobachte und stricke. Nein. Ich fühle mich im Moment doch sehr zerrieben.

Und deshalb tut mir die baltische Strickerei so gut, es ist herrlich mitzuerleben, wie die Menschen in Lettland und Estland stolz sind auf ihre Traditionen und Kultur, und welche Schönheit sie pflegen und weitergeben.

Also beende ich diesen Prolog und komme zum letzten Tag des Projektes "Let's Knit in Kurzeme".

Der letzte Tag dieser wunderbaren Strick-Woche war eigentlich nur ein halber Tag, denn es ging zurück nach Riga mit einem Zwischenstopp im wunderschönen Kuldiga (Goldingen).

In Liepaja hatten wir in unserem Hotel immer viel Spaß mit dem Hinweistext im Lift, der zu vielerlei Deutungen Anlaß gab.

"It is forbidden to behave in an autocratic way"

lautete die Vorschrift und wir zerbrachen uns den Kopf, Pat bezeichnete dies als Lost in Translation ;=) Aber so ein Lift hat auch seine Ehre und so rächte er sich an uns, am Freitagmorgen blieben einige von uns doch tatsächlich mit ihm stecken und wir konnten erst 20 Minuten später Liepaja verlassen... soviel zum "autocratic way" :=)

In Kurland

Ein großer Himmel wölbt sich über Kurland und es ist eine Freude durch dieses schöne Land zu fahren.

In Kuldiga war noch ein Workshop geplant, Jolanta Medina vom Museum in Kuldiga erwartete uns. Das Museum in Kuldiga liegt erhoben auf einem Hügel über dem berühmten Wasserfall von Kuldiga, der zwar nicht hoch, aber sehr sehr breit ist.

Wasserfall in Kuldiga

Der breiteste Wasserfall Europas...

Ein sehr verlockendes Angebot... aber wir hatten Anderes vor

Jolanta Medina war schon letztes Jahr beim Knitting Camp in Strazde dabei und hat uns besonders schöne Exemplare aus dem Bestand des Museums gezeigt. Heute lag der Schwerpunkt ihres Vortrags auf der Tradierung der alten Muster. Sie leitet auch die Handarbeitsgruppe Čaupe, und ließ uns in einem großen Korb mit Handschuhen stöbern, die allesamt anläßlich der diesjährigen Veranstaltung Satiec savu meistaru (Treffe deine Meister) gestrickt wurden.

Eine Bildergalerie zu dieser Veranstaltung gibt es auf der Museumsseite und natürlich spielt das Handschuhbuch eine Rolle.

Denn viele der Handschuhe in diesem Buch stammen aus der Sammlung des Museums von Kuldiga.

Nach dem Workshop blieb noch ein wenig Zeit für einen Spaziergang durch die schöne Stadt Kuldiga und ein Abschiedsmittagessen in einem Restaurant an der Hauptstrasse.

Der Ort hat eine reiche Geschichte und ein berühmter kurländischer Herzog, Jakob Kettler, brachte Handwerk und Wohlstand hierher. Er führte den Schiffsbau ein und gründete kurländische Kolonien in Gambia und auf Tobago.

Maruta Grasmane mit dem neuen Schal

Maruta Grasmane freut sich über den schönen roten Haapsalu-Schal, den ihr Kaidi-Kätlyn geschenkt hat.

Kaidi-Kätlyn aus Tallinn strickt diese feinen Schals und Tücher in atemberaubenden Tempo, Hut ab!

Und damit ging das Erlebnis "Let's Knit in Kurzeme" zu Ende. Es waren wunderbare Tage mit einem dichten Lernprogramm, viel Freude, einer tollen Gruppe und ich möchte den Organisatoren, Ziedite Muze und Ansis Grasmane von Sena Klets, meinen Dank zollen.

Am 7. September startet der nächste Kurs, und ich kann ihn nur empfehlen! Wer immer kann, sollte sich das gönnen!
Das Anmeldeformular und weitere Infos findet man auf der Webseite von Sena Klets.

Und ich starte heute abend nach Berlin, morgen fliege ich nach Riga, und ein neues Abenteuer startet:

Mit Sue, Christiane und Ewa geht es von Riga nach Limbazu (Wolle!), auf die Insel Kihnu, nach Muhu und Saarema und über Haapsalu nach Tallinn. Und von dort geht es weiter zum Craft Camp in Olustvere!

Also heißt es jetzt Koffer packen!

der Start der Reise

Limbaži, Limbažu pilsēta, LV-4001, Lettland

Weltkulturerbe!

Haapsalu, 90502 Lääne maakond, Estland

Tallinn, Estland

Cultural Academy, Viljandi

Handschuhe aus Lettland

Von Liepeja sind es 40km nach Rucava, und für uns war dieser Tag ein Tag der Farben, des guten Essens, der Überraschungen.
Wer das Buch "Handschuhe aus Lettland" studiert hat, weiß daß der größte Teil der Handschuhe in dem Buch aus der Region Kurzeme / Kurland stammt, nämlich 88 von 178. Und von diesen 88 Fäustlingen kommen dann 27 alleine aus der Gemeinde Rucava.

Die häufigsten Farben sind Weiß, Rot, Blau, Grün, Orange, Gelb, leuchtendes Blau, Violett, stellt Maruta Grasmane im Buch fest. Und ein ganz besonderes Merkmal: Viele dieser Farben in einer Reihe!
So war auch ein Workshop dem Thema "Mehrfarbige Handschuhe, 4 oder 5 Farben" gewidmet.

Dieser Tag übertraf alle unsere Erwartungen!

Das Heimathaus Zvanitaj in Rucava

Das Heimathaus "Zvanitaj" in Rucava

"Zvanitaji" bedeutet "Rufer / Callers" und das so benannte Haus gehört dem Traditionsklub Rucava.
Wir wurden aufs Herzlichste empfangen, besungen und beköstigt.

Deshalb nun eine kleine Bildergalerie zur Einstimmung.

Zum Empfang im Haus gab es dunkles Brot mit herrlich leichter Butter, wir wurden  mit lettischer Hausmannskost bewirtet, es wurden Lieder gesungen und die Trachten gezeigt und erklärt. Nach dem opulenten Mittagsmal wurden wir zum Tanz auf der Wiese aufgefordert, so wurde für das leibliche, körperliche und seelische Gleichgewicht gesorgt.

Brotritual
Klöße mit heller Sauce
Specksauce
Gemeinsames Essen
leckerer süßer Auflauf

Im Haus waren Handarbeiten aufs Schönste drapiert und so kam ich erst gar nicht auf die Idee, daß diese Exponate käuflich sein könnten. Nur bei genauer Betrachtung entdeckte ich aber Preisschilder und habe ich mir selbst je ein Paar wunderschöne weiße Socken mit herrlichem bunten Bund und ein Paar braun-rote-orangene Handschuhe mit hohem Bund geschenkt.
Hier konnten wir sicher gehen, daß das Geld auch wirklich in voller Höhe bei den Strickerinnen ankommt.

Arbeitsmaterial
5 Farben für 2 Hände

Bei den Workshops gefiel mir besonders das geschwungene mehrfarbige Bündchen, beim zweiten Workshop "zweifarbiges Netzpatent" versagte ich vollkommen, aber die mehrfarbigen Handschuhe werde ich auf jeden Fall stricken, wir haben so schöne Wolle dafür bekommen. Aber ob ich wirklich 5 Farben in einer Reihe verstricken kann? 3 Farben habe ich schon einmal stricken können, aber 5? Vielleicht sticke ich die 5te Farbe ganz einfach hinterher...

Bei den ausgestellten Exponaten fiel mir ein ganz besonderer Kniestrumpf auf:

Statt verteilten Abnahmen nach der Wade wurde hier eine Falte gesetzt und die Ferse wurde nachträglich eingestrickt. Und dann auch noch so ein wunderschönes Bündchenmuster!

 

 

Schön war auch, daß die Frauen der Traditionsgruppe mitstrickten, sich zwischen uns setzten und uns auch mit Rat und Tag halfen. Es muß ihnen vielleicht schon ein wenig merkwürdig vorgekommen sein, daß Frauen aus sovielen Ländern anreisen um das zu lernen, was ihnen selbstverständlich schein,

Aber es ist nicht selbstverständlich, Es ist eine wunderbare Kunst. Und wir haben ihnen zu danken, daß sie diese Kunst weitergeben.

Nach dem Besuch in Rucava wurden wir noch zu einer Stadtrundfahrt eingeladen, es ging zum ehemals russischen Marinestützpunkt, in die orthodoxe Kathedrale, an den Windsurf-Strand (ich kam mir eher auf Shetland denn an der Ostsee vor, so windig und kalt war es an dem Abend).

Ein wirklich toller Tag!

Unser Besuch in Rucava fand auch seinen Niederschlag auf der Webseite der Gemeinde Rucava, der vom Google-Translator übersetzte Text ist sogar relativ verständlich. Auf der Seite findet sich auch eine kleine Bildergalerie!

International seminar knitters also Rucava

Last June Wednesday "Call" was held in one of the SIA folk center "Old Barn" organized seminar "Adisim Kurzeme" knitting activities (like events also took place in Kuldiga, Saldus and Liepaja).

Arrived was 20 knitters from the US, Canada, England, France, Luxembourg, Estonian, Lithuanian and Latvian.

Before the seminar was a great preparatory work - it was discussed for knitters will demonstrate "Rucavas notches" and Rucavas colorful mittens knitting was prepared methodological material translated into English. Jobs succeeded. We are expecting visitors with a short story about Rucava riches, dignity, with bread, honey and Rucavas white butter bread while singing songs. The whole day was hard work flickers needles and subdue wife Calama. Rucavas knitting secrets taught our experienced knitters Aleksandra Maksakova, Dace Liparta and Rasma Kleina. While the methodological materials - notches drawings and descriptions prepared by Inga Tapiņa. Delicious loaves of black bread with sauce and layered sarūpēja tables and deck "Caller" hostesses Ruth and Vija. Going away, knitters face decorated with genuine pleasure, delight, admiration and gratitude. Visitor about all one very satisfactory "wanderfull" (wonderful!) - both of our wealth: magnificent folk costumes and glove dowry and for bread ritual and strong bread songs and Dance at noon, and a hearty meal (Latvian knitters said, as a child at Grandma's!) and plentiful coffee table - Agrita fried bacon cake and rabarbermaizes Kusiņa melted and Eve learned complex Latvian word "rhubarb". Turn Ziedīte Muze (the main organizer of the seminar), thanking for the excellent arrangements and hospitality Rucava letter wrote that knitters yet another day occasionally sung: "Cepa, baked, baking, baked pancakes mother! ...". Guests appreciate. What got Rucava? A lot of experience, a rich reward. The possibility of craftsmen patirgot their products. Vilm pričina knitted glove dowry one day "melted", either urgent jāada new! Great consent was also Arnolda Aigara amber jewelery. Nothing has not expired. Next seminar event like this will be in September. If you apply for more participants - in August.


Und das Bild vom Tanz hinter dem Haus möchte ich unbedingt zeigen:

Polkatanzen in Rucava!

Das war ein langerwarteter Tag, denn das Programm nannte viele Highlights: eine Führung durch das Museum, die Ausstellungen im Untergeschoß zum Thema "Ländliches Leben",  Workshops zum Thema "Verschiedene Bündchen-Arten" und "Handschuhe mit Perlen", eine Buchpräsentation ("Die Suiti-Socken aus Alsunga"), das alles habe ich ja schon im Beitrag "Let's knit in Liepaja" beschrieben.

Das Museum von Liepaja befindet sich in einem Bürgerhaus vom Beginn des 20. Jahrhunderts, allein die Einrichtung aus der Gründerzeit ist schon staunenswert genug. Der bürgerliche Wohlstand in der Hafenstadt vor den Weltkriegen - hier kann man ihn bewundern.

Allein die großartigen Öfen sind für mich einen Besuch wert, ich liebe reichgezierte Kachelöfen!

Auch Kunstausstellungen gibt es und im Garten des Museums stehen einige Skulpturen. Aber niemand konnte mir erklären, warum direkt vor dem Haus das Modell einer Guillotine steht... (ich habe die besser nicht fotografiert...)

Das Museum wurde extra für uns geöffnet, trotz Ruhetag, und auch in der örtlichen Presse war unser Besuch schon angekündigt worden:  Ein Vorab-Bericht am 29.Mai: Liepaja Kurzeme Heimatmuseum Informationszentrum beteiligt sich an internationaler Handschuh Strickwerkstatt und dann der Bericht samt Mitschnitt des TV-Interviews Stricker aus nahen und fernen Ländern, die man sich mit Google-Translator oder gleich im Übersetzer-Browser Chrome anschauen kann. Auf der letztgenannten Seite am rechten Rand ist eine tolle Foto-Serie eingebunden, die die Athmosphäre dieses Museumstages wirklich herüberbringt.

Ein schönes Video bietet einen Rundblick durch das Museum und gibt einen Eindruck von den prächtigen Räumen.

Es stammt von der Webseite Tun und zu sehen in der Stadt Liepaja.

Die interessanteste Ausstellung war für uns sicherlich die Ausstellung Die Menschen, das Leben, die Arbeit von Südkurland, denn hier bekamen wir einen Einblick in das mühsame Leben der Landbevölkerung und deren ausgeprägten Schönheitssinn. Viele Exponate aus Nica, Rucava und Bārta  habe ich bestaunt.

Und ich habe gelernt, wie es kommt daß als Fundort von alten Handschuhen oft die Kornspeicher, granaries, genannt werden.  Ganz einfach: in den wärmeren Sommermonaten schliefen viele der Hofbewohner in den luftigeren Scheunen und da geht schon mal ein Kleidungsstück verloren.

DIe Exponate waren wirkungsvoll beleuchtet, aber die Räume recht dunkel und auch eng. Deshalb habe ich nicht viel fotografiert.

Handschuhe und Socken aus Südkurzeme
Handschuhe und Socken aus Südkurzeme

Die wunderbaren Strümpfe sind recht eigenartig: weiße Waden aber kräftig gemusterte Fuß-Teile. Eine Erklärung: die Frauen in Kurland trugen kürzere Röcke als anderwo und zeigten auch mal Fuß. Aber sie müssen auch recht luftige Schuhe getragen haben, damit man die schöne Arbeit auch bewundern kann....

3 Muster-Abschnitte gibt es: die weißen Waden, ein schmaler Trennstreifen mit viel weißem Hintergrund, der optisch überleitet  zu dem eher dunklen Fußteil. Raffiniert!

Mit welcher Geduld wurden diese Strümpfe gestrickt, welcher Fleiß und Akkuratesse, das erfreut mein wenig verwöhntes Pommern-Herz natürlich.

Diese drei Strümpfe zeigen viele interessante Details: die weißen Wadenabschnitte sind in unterschiedlichen Mustern gearbeitet, mit Noppen und Zöpfen, die Fersen sind nachträglich gestrickt (afterthought heel)  und der mittlere Strumpf begeisterte mich sofort: wieder mein Lieblingsmuster: Sonnen!

Vor dem ersten Workshop des Tages gab es noch ein Fernseh-Intermezzo, denn der örtliche Sender berichtete ja über diese Veranstaltung. Auch ich wurde interviewt und mein Name wurde dabei aufs Wunderlichste verballhornt, nun denn, ab jetzt heiße ich eben auch Kunumilu Gudike. Über diese Interviews habe ich ja schon zweimal berichtet:  In Liepaja und Kuldiga und Kurzeme TV.

Lia Mona Ģibiete stellte uns zuerst die Besonderheiten der kurländischen Handschuhe aus der Museumssammlung vor, dann ging es zum Workshop. Auf Tischen waren Handschuhe und Bündchen-Muster ausgebreitet, Nadeln und Garn lagen bereit, auf Informationstafeln waren die Stücke zu sehen, die auf den Tischen keinen Platz fanden.

Einige der Bündchen waren wirklich vertrackt zu stricken, aber Solvita Zurapska machte uns Mut.

Nach dem lustig-gezipfelten Bündchen wagte ich mich auch an diese löchrige Variante, aber dann verhedderte ich mich aussichtslos in den vielen Fäden, die man dafür mitführen muss.

Die Fotoserie auf der Webseite Adītājas no tuvām un tālām zemēm zeigt die prachtvollen Exemplare.

Der Nachmittag war dem Stricken mit Perlen gewidmet und als Erstes wurden wir in ein Nebengebäude geleitet, in dem das Kurzemes tautas tērpu informācijas centra (Kurländisches Trachten-Informations-Zentrum) eine kleine Ausstellung für uns arrangiert hatte, Fäustlinge, Fingerhandschuhe, Stulpen, Gürtel - alles aufs Schönste mit Perlen verziert.

© Egons Zīverts / http://www.liepajniekiem.lv

Alles war für uns vorbereitet, in kleinen Schälchen lagen Perlen, Nadeln und Garn bereit.

Immer wieder bewundere ich die unendliche Geduld der Meisterinnen, die solche Werke schaffen. Da fielen unsere Übungsarbeiten doch wesentlich bescheidener aus.

Perlenworkshop
Workshop Perlenstricken

Vier Meisterinnen zeigten uns ihre Werke und unterstützten uns bei unseren Versuchen; Antra Kukuka, Aisma Demme, Astra Dzērve und Solvita Zurapska.

Auf die Präsentation des Buches Suiti patterned socks von Lia Mona Ģibiete hatte ich mich ja vorbereitet, denn in letzter Minute vor der Abreise waren meine Suiti-Strümpfe noch fertiggeworden, an denen ich ja seit Ostern gearbeitet hatte und die auch als Anlaß des Ostermaschenpreisrätsels herhielten.

Nun aber das Buch von der Autorin selbst vorgestellt zu bekommen, das ist schon ein Privileg. Und stolz trug ich es mit SIgnatur der Autorin nachhause.  Zu unserem Glück ist das Buch in lettisch und englisch verfaßt. Es kann also nichts schiefgehen beim Stricken.

skaistas zeķes war Lia Mona Ģibiete's Kommentar zu meinen Strümpfen, schöne Socken, welch ein Kompliment!

DIe Infos zu dem Buch finden Sie hier in diesem Beitrag; Suitu Rakstainas Zekes.

Suitu Rakstaines Zekes
Blumenstrumpf