Rätsel eines Konvoluts
Alles dauert dieses Jahr länger.
Man sagt ja, im Alter zwickt und zwackt es überall, aber ich bin mit ganz besonderen Malaisen geplagt. Erst der Krebs im Februar, den ich restlos überstanden habe und nun schleppe ich mich seit Oktober mit extremer Luftnot und Eisenmangel durchs Leben und es dauerte seine Zeit bis sich eine zutreffende Diagnose zeigte: Ich habe einen großen Zwerchfell-Bruch und das engt den Platz für die Lunge ein und ... naja, am Montag werde ich operiert, in der Uniklinik Greifswald. Ich habe grosses Vertrauen und denke dass ich in absehbarer Zeit wieder durchatmen kann.
Bis dahin liegen leider meine Projekte auf Eis: der Doppeldaumen-Handschuh, der Musterstreifen und was mir sonst noch so durch den Kopf schwirrt.
Aber so ganz gar nichts studieren, das gelingt mir denn doch nicht. In einem Konvolut alter Schnittbögen, Anleitungsheften und Musterproben fand sich ein Heft mit "Original Strickmodellen" der mir bis dato unbekannten Textilwerkstätten Zepernick.
Beim Auf- und Durchblättern zeigte sich daß das kein Einzelheft war, sondern noch weitere Bögen und Anleitungen anderer Herausgeber enthielt.
Und so reifte mir, da mir alle drei Herausgeber unbekannt sind, der Wunsch mehr herauszufinden und mit den Textilwerkstätten Zepernick fing ich dann mal an. Die beiden anderen Bögen stelle ich dann später vor.
Also:
- Wo liegt Zepernick? Zepernick ist ein Ortsteil der brandenburgischen Gemeinde Panketal, die direkt am nordöstlichen Stadtrand von Berlin liegt - sagt die Wikipedia.
- Textilwerkstätten Zepernick - existieren sie noch, was verbirgt sich hinter diesem Namen? Zu dieser Firmierung gibt es keinen Treffer im weltweiten Netz.
- Aus welcher Zeit stammen die Blätter? Dies zumindest läßt sich eingrenzen: denn die Reichsmark (RM 1,50 der Preis für das Heft) war von 1924 bis 1948 gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland und das Modell auf der Titelseite sieht noch recht "vorkriegsmäßig" aus.
In dem Dreieck auf der Titelseite steht noch prominent "Bihler Modell", aber das führt auch nicht weiter, die Suchmaschine spuckt Treffer zu Maschinenfabrik und Stanzpressen aus...
Im nächsten Schritt durchforstete ich die Webseiten der Gemeinde Panketal und das Netz, vielleicht fand sich ja eine Nachfolge-Institution? Eine Werkstatt, ein Atelier, eine Ausbildungsstätte? Wieder nichts.
Ich fragte dann bei Acus et Filum, nach, einer Maßschneiderei in Panketal. Die Webseite war vielversprechend, werden doch nicht nur aktuelle Kleidungsstücke gefertigt, sondern auch authentische mittelalterliche Gewandung - wahrlich kein 08/15-Betrieb. Aber die nette Inhaberin, Frau Gustavs, wusste auch nicht weiter...
So bleibt es erstmal ein Mysterium bis ich wieder Zeit und Kraft für weitere Forschungen habe. Oder vielleicht weiß jemand der Seitenbesucher etwas? Für Hinweise bin ich dankbar!
Nachstehend ein Scan einer Doppelseite:
Die linke Seite zeigt drei Versionen einer Strickjacke mit jeweils kurzen Anmerkungen dazu, aber die Anleitung selbst steht wohl auf einem anderen Blatt. Auf der rechten Seite dann Schnittmuster und Maß-Angaben in altdeutscher Schrift benannt.
Da die beiden Seiten inhaltlich nicht zusammenpassen, können wir davon ausgehen, daß noch etliche weitere Bögen zum Heft gehörten.
Diese Anmerkungen auf der rechten Seite lassen vermuten, daß ein direkter Kontakt zu den Kunden erstmal nicht gewollt ist. Dafür ist der Zwischenhandel zuständig und wenn dort nicht weitergeholfen werden kann, erst dann wird ein Kontakt zu den Werkstätten hergestellt...
Zum Schluß steht dann noch ein kleingedruckter Hinweis, daß die Textilwerkstätten Zepernick über einen großangelegten Strickereibetrieb mit 250 Strickerinnen! verfügen. Wie kann es sein, daß solch ein großer Betrieb heute absolut unbekannt ist, daß keinerlei Informationen zu finden sind? Wo das Internet doch sonst alles weiß? Immer noch ein Mysterium für mich...
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