Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Endlich kann ich einen lange geplanten Workshop ankündigen, der mir sehr am Herzen liegt:
4. und 5. Oktober 21: Estnisches Stricken – Überblick und Techniken mit Schwerpunkt auf verschiedene Muster der Insel Kihnu!

Der Heimatverband M-V veranstaltet am 2. Oktober 2021 eine Tagung zum Themenkomplex "Tracht oder Mode / Entdecken und Wiederbelebung der eigenen Trachten" mit dem Titel "Wie machen es die Anderen - Beispiel Estland: Baltischer Nachbar" in Mestlin. Referentin wird Riina Tomberg sein, Ethnographin, Dozentin für traditionelle Handarbeitstechniken an der Kulturakademie in Viljandi (Estland), Modedesignerin und Buchautorin.
Am darauffolgenden Montag und Dienstag schließt sich dann ein zweitägiger Strick-Workshop in Greifswald an!

Die Abstimmung und Planung hat etliche Zeit gedauert, deshalb kommt die Ankündigung recht kurzfristig.

Hamdschuhmuster aus Kihnu
Datum: 04.10.21 und 05.10.21, 9:30 - 17:00 Uhr
Ort: die STRAZE, Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V., Stralsunderstraße 10/11, 17489 Greifswald
Referentin: Riina Tomberg
Voraussetzung: gute Strickkenntnisse (Stricken in der Runde, mit mehren Farben)
Teilnahmegebühr: 80,00€ (einen evtl. Nachlaß bitte beim Heimatverband erfragen)
Anmeldung: per Mail an geschaeftsstelle@heimatverband-mv.de
Schon mal ein paar Infos:
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, deshalb ist eine vorherige Anmeldung (siehe Infofenster rechts) unbedingt notwendig.

Voraussetzung für die Teilnahme sind gute Strick-Kenntnisse (stricken in der Runde, mit mehreren Farben und mit dünnen Nadeln).
Bitte geben Sie bei der Anmeldung an, ob Sie diese Kenntnisse haben und ob Sie eher fest oder locker stricken.

Ein Nadelspiel (Stärke 2), Wolle und Musterpapier für Ihre Entwürfe werden gestellt, weitere Nadelspiele in den Grössen von 1.5mm, 1.75mm und 2.25mm können erworben werden.

In diesem Workshop erhalten einen Einblick in die Landeskunde und erlernen die vielfältigen Strick-Techniken Estlands, vor allem die Muster der Insel Kihnu:
"Kihnu vits", "Pakud" und "Täpid" - Borten-Muster, die, gemeinsam mit einfachen Lochmustern, charakteristisch für die wunderschönen Handschuhe von der Insel Kihnu sind.

Und Sie werden ihre eigenen Bündchenkombinationen zeichnen und stricken! (Bringen Sie deshalb bitte Farbstifte mit!)

Stralsunder Str. 10, 17489 Greifswald, Deutschland

Riina Tomberg wird historische Handschuhe aus ihrer Sammlung  mitbringen, dazu zeigen wir weitere Strickstücke von verschiedenen Strickerinnen, die wichtigsten Bücher zum Thema liegen zum Durchblättern bereit und ein kurzer Film über die Frauen der Insel Kihnu wird gezeigt. Zudem haben wir Musik aus Estland parat, für die Pausen oder auch als Untermalung beim Stricken!

ein Klick aufs Bild öffnet es in größerer Ansicht

Die Veranstaltung wird gefördert mit Mitteln der Kulturförderung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur MV sowie dem Vorpommern Fonds.

Danke!

Ich kann diesen Sommer zwar nicht nach Estland fahren, aber ganz ohne Estland geht es nicht.
Da kommt eine Postkarte angeflattert mit dem Gruß "Liebe Frau Wockensolle"....

Rosaalie Karjam aka Kihnu Roosi

Eine Postkarte von der Insel Kihnu, die Vertrautes zeigt: zwei Frauen aus Kihnu, die sich beim Stricken unterhalten, eine davon ist Rosaalie Karjam, auch als Kihnu Roosi bekannt.
Ja, diese Szene ist mir nicht fremd und ich kann sogar sagen, daß dieses Bild im Kihnu Museum aufgenommen worden ist. Ein Ort, den ich sehr mag.
Der Kartengruß kam von zwei Damen, die ich bei einem Vortrag im letzten Winter kennengelernt habe. Und die jetzt eine schöne Reise durch Lettland und Estland unternahmen.
Danke!

Ein schönes Beispiel dafür, daß meine Begeisterung für die baltischen Länder, die Menschen dort und die Traditionen dort, ein Echo findet.

Eine ganz besondere Art, die eigenen Traditionen zu pflegen und wunderschön zu stricken, hat der "Kudujate Koopiaklubi" gefunden: Anu Pink hatte eingeladen, ein oder mehrere Paare der wunderbaren Muhu-Strümpfe zu stricken und viele Frauen meldeten sich für die Teilnahme an diesem Knit-A-Long an. Das Unternehmen nennt sich "Kudujate's Copy Club", Strickerinnen die entweder alte Vorlagen kopieren / nachstricken oder nach den überkommenen Regeln mit neuen Ideen und Mustern stricken.

Das Ergebnis: 84 strahlende, farbenfrohe Strumpfpaare, die in einer eigenwilligen und fröhlichen Weise im Estnischen Nationalmuseum in Tartu präsentiert werden. Die Ausstellung und der Katalog wurden von Anu's Verlag "Saara Publishing"  erarbeitet. Ein Fest für die Augen und ein Juckreiz für die Finger!
Mehr Infos zu der Ausstellung gibt es beim Estnischen Nationalmuseum und eine bezaubernde Bildstrecke bei FaceBook.

Der Katalog kann bei Saara.ee bestellt werden, ist aber im englischsprachigen Webshop nicht zu finden. Macht aber nichts, denn wenn man diese Seite im Chrome-Browser öffnet, kann man sich alles übersetzen lassen.
Zu den 12,80€, die der Katalog kostet, kommen noch die recht happischen estnischen Postgebühren hinzu, es lohnt sich also eine Sammelbestellung aufzugeben, dann wirds preiswerter.

Die Ausstellung wird bis zum 31. Dezember 2021 gezeigt, wir haben also eine Chance!

Ein Lebenszeichen: Ich bin zurück von der langen Reise durch Lettland und Estland, erschöpft aber freudig.
Wie bei jeder dieser Reisen habe ich liebe Menschen getroffen, neue Freunde gefunden und vieles Neues gesehen.
Das werde ich noch ausführlich auf der Wockensolle beschreiben, aber schon einmal das traditionelle Beute-Foto:

Viel Wolle ist wieder dabei, und diesmal eine ganz besonders gestreute Palette:

  • kunterbunte Merinowolle einer Färberin aus den USA, die ich an Pat's Adresse bestellt hatte und Pat hat sie mir jetzt nach Riga  mitgebracht
  • bunte Knäuel lettische Wolle von Jana  und ein Strang blaugrünes Verlaufsgarn von Tines aus Riga
  • Indigo-gefärbte Wolle vom Workshop beim Craft Camp in VIljandi
  • schwarze und graue Wolle vom Kihnu-Schaf und naturweiße Wolle, alle beim Wollfabrik-Workshop beim Craft Camp hergestellt
  • dicke 8/3er Wolle vom Kihnu-Schaf auf der kleinen estnischen Insel Manija

und auch Gestricktes (ein paar Geschenke sind schon weitergegeben):

  • Fingerhandschuhe von der Insel Kihnu
  • Knieschoner (ja tatsächlich!) aus Cesis
  • Socken aus Cesis
  • Fingerhandschuhe aus Töstamaa
  • Miniatur-Socken und Handschuhe von der Insel Vormsi

und vieles mehr. Davon aber in den kommenden Beiträgen!

Ich habe ja schon hier auf der Wockensolle auf die Filme über die estnische Insel Kihnu hingewiesen und mein Reisebericht ist hier auch zu finden. Die dritten Programme der ARD und etliche Zusatzkanäle wiederholen zur Zeit stetig die Dokumentationen "Ein Jahr auf Kihnu" und "Die Insel der tapferen Frauen - Kihnu". 

In allen diesen und weiteren Filmen wird die Lebensweise der Menschen auf Kihnu, das Matriarchat, vorgestellt und aufgezeigt, wie sehr sich das Brauchtum heute noch erhalten hat. Die Kleiderordnung der Frauen - Blusen, Kopftücher und Röcke.

Den Röcken kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: jede Familie hat ihr eigenes Muster, das Muster gibt Auskunft über den Zivilstand der Trägerin (verheiratet oder ledig) und die Grundfarbe der Röcke hat ihre Bedeutung: blaue Röcke für Trauer und rote Röcke für den Alltag und die Festlichkeiten.

Diese Röcke werden in der Familie gewebt und genäht, in einem der Filme sieht man die liebevolle Großmutter wie sie einen neuen Rock für ihre Enkelin anfertigt. vom Webstuhl bis zur Anprobe.

Und nach der Ausstrahlung dieser Filme erhalte ich ab und an Anfragen, wo man denn diese schönen Röcke kaufen könne. Und das verwundert mich, denn mir scheint da wurde nicht richtig zugeschaut und zugehört. Die Filme zeigten das Einzigartige auf: das Matriarchat auf Kihnu, das Tradieren der Bräuche und die Bedeutung der Familie. Und das ist eben nicht käuflich.

In keinem der Geschäfte auf Kihnu oder anderswo in Estland habe ich solche Röcke angeboten gesehen. Sicherlich gibt es Trachtenstoff zu kaufen, in vielen Mustern und Farben, so fertigt ja auch die lettische Firma "Limbazu Tine" Webstoffe für lettische und estnische Trachten an, aber eben nicht für Kihnu. Man kann also in den Stoffgeschäften Estlands und beim Mardilaat, dem Martinsmarkt in Tallinn, schöne Trachtenstoffe erwerben, aber sicherlich keine echten Kihnu-Rockstoffe.

Ich muß gestehen, daß ich mir vor 2 Jahren in Limbazi wunderbaren gestreiften violettfarbenen Wollstoff gekauft habe - aber noch nicht genäht. Ich traue mich nicht, der Stoff ist zu schön und meine Nähkenntnisse zu bescheiden.

bei ALDI und LIDL kommt wieder die Sockenwolle in die Angebots-Körbe... und ich meine, jedes Jahr werden sie noch ein wenig hässlicher, oder bin ich einfach nur ein Snob?

Ich habe zur Zeit, neben einigen anstehenden ehrenamtlich-politischen Terminen, eine Sammlungsphase. Ich sammele Strickbündchen.. und zwar ganz spezielle, Kihnu-Bündchen. Der Grund? Schon seit letztem November liegt wohl verwahrt und mit Lavendel und Ceder verwöhnt ein Kihnu-Troi-Torso in meiner Strick-Ecke, gestrickt für Heinz in Riina Tombergs Werkstatt auf der estnischen Insel Saaremaa. Ich hatte beim Craft Camp einen Workshop zum Thema "Kihnu-Pullover" belegt und die Vielfalt der Muster fasziniert mich.
EIn Kihnu-Troi, ein Männerpullover von der Insel Kihnu, zeichnet sich durch ein zweifarbiges, weiß-blaues All-over-Muster und farbig betonte Bündchen an Hals, Ärmeln und Bund und auf den Schultern aus.

 

Dieses Projekt habe ich hier auf der Wockensolle ja schon einmal vorgestellt, und im Sommer habe ich noch einen eintägigen Workshop bei Riina mitgemacht, mit dem Titel "Vitsad, pakud, täpid", und nun muss ich das wirklich fertigstellen, denn im November ist schon wieder der Martinsmarkt in Tallinn und ich fahre wieder hin..

Vitsad = plural für die Borten oder "Braids"
Pakud = die grafischen Muster zwischen den Borten
Täpid = das sind die kleinen Pünktchen, die in den Borten hervorlugen, ich mag sie ganz besonders.

Inzwischen ist mein Bündchen-Bestand erstaunlich angewachsen, und deshalb suchte ich nach einer Präsentationsmöglichkeit, die Pabbedeckel (= hessisch) sind ja nur ein Provisorium.

Ja, nicht nur für die Männer (die sich im fortgeschrittenen Alter ja am liebsten beim Urologen oder im Baumarkt aufhalten), nein auch ich greife ab und an auf die Angebote von Obi und Konsorten zurück. Und diese dezent grauen Schaumstoff-Rohre sind doch wirklich einen brauchbarer Hintergrund für die verschiedenen Teile.

Seitdem ich mich menta auf dieses Strickprojekt vorbereitete, wälzte ich ein Problem: Die Bündchen sind beim Abketten etwas weiter als beim Anschlag, ich schaffe es nicht das zweifarbige Abketten mit der gleichen Spannung wie den zweifarbigen Anschlag zu stricken, es gelingt mir nicht.

Und eigentlich sollte ein Bündchen ja am Ärmelende etwas schmaler sein als beim Beginn des Bündchens.

Wenn ich die offenen Ärmelmaschen aufnehme und das Bündchen stricke, dann habe ich am Ende das nicht so schöne Ende. Aber  das Bündchen stricken, abketten und dann mit Maschenstich hantieren wollte ich auch nicht.

Lizzy gab mir dann den entscheidenden Rat: Der Anschlag kommt "nach unten" und am Bündchen-Ende wird es mit den Ärmelmaschen per "3-needle-bind-off" verbunden. Und das klappt.

Ich habe es gleich zweimal ausprobiert, einmal an einen braunen Abschnitt (rechts) angestrickt und einmal an ein blaues Stück (links).

Und solange beim Abketten in beiden Teilen die gleichen Farben vorhanden sind, und das Bündchen außen über dem Ärmelteil zu liegen kommt,  kommt das auch gut zusammen. Da beide Teile auf je einem Nadelspiel sitzen, ist das schon ein ziemliches Gewürge... 9 Nadeln im Einsatz! Aber ich weiß jetzt wie es geht!

EInige Tage nun habe ich verschiedene Bündchen für Pullover, Handschuhe oder Jacken in estnischer Tradition studiert und gestrickt. Quellen dafür waren die Notizen aus dem Seminar bei Riina Tomberg beim letztjährigen Craft Camp in Olustvere, das Buch "Estonian Knitting 1. Traditions and Techniques", und der estnische Museumsserver, der sein Archiv durchsuchbar zur Verfügung stellt.

Das obige Bild zeigt die Versuche, provisorisch auf Karton gezurrt und noch nicht in Form gebracht.

Das Bündchen  mit der Nummer "0" ist das Ergebnis meines Workshop-Tages vom letzten Sommer, es gefällt mir immer noch ausnehmend gut.

Im Estnischen Nationalmuseum sind viele Musterzeichnungen und einige Kihnu-Troi aufbewahrt und man kann diese Exponate auch über die Webseite finden.
Die nebenstehende Zeichnung stammt von dort. Quellenangabe:

Troi ehk Kihnu meeste kampsun
ERM EJ 481:32
Eesti Rahva Muuseum
http://www.muis.ee/en_GB/museaalview/741364

Ich möchte jetzt gerne noch einige der Bündchen näher vorstellen.

Mir gefällt besonders die Farbkombination dieses Bündchens, die kleinen roten Punkte im oberen Part und die kleinen weißen Punkte in den links gestrickten roten Reihen beleben das Ganze deutlich.

Garn: Teksrena, 8/2, gestrickt mit 1.5er Nadeln

 

Hier habe ich verschiedene Borten / vits gestrickt, wie ich sie auch letztes Jahr bei Kristie Joeste im Craft-Camp-Workshop gelernt habe. Die Borten liegen auf dem Gestrick und wirken dadurch äußerst plastisch.

Ein "Schritt-für-Schritt"-Lehrgang für diese Borten, vits, auf der Seite der Tallina Ülikool zeigt die Arbeitsweise. Zwar in estnischer Sprache, aber die guten Photos helfen weiter.

Dieses Bündchen entstammt mit allen Teilen dem Buch "Estonian Knitting 1. Traditions and Techniques", das ich ja schon mehrfach vorgestellt habe.

64 Maschen mit Nadeln Nr. 3 und Teksrena 8/2.

Die rotschwarzen Vits auf weißem Grund - diese Farbkombi gefiel auch schon den russischen Konstruktivisten...

Der Anschlag: der sog. Kihnu-Troi-Anschlag
das Muster: Pakud, ein Kihnu-Muster, Seite 163

Die Vorlage für das Muster im Buch entstammt jedoch dem estnischen Nationalmuseum, ein Musterblatt mit 10 verschiedenen Bündchenvarianten zeigt rechts unten auf dem Blatt die Musterzeichnung.

Quellenangabe:
Labakinnaste ja troi kirjad
ERM EJ 202:18
Eesti Rahva Muuseum
http://www.muis.ee/en_GB/museaalview/644696

Die Reihen mit dem zweifarbigen Würfelmuster vor den oberen Vits verschwinden im Gestrick... aber das lässt sich beim Waschen sicherlich in Form ziehen.

Der Kinderpullover, dessen Bild uns Riina Tomberg beim Workshop zeigte, besitzt ein Bündchen, das im Heimtali Museum zu finden ist.

Quellenangabe:

kudumikatke
ERM HM E 368
Eesti Rahva Muuseum, http://www.muis.ee/en_GB/museaalview/1183816

Und wozu das alles? Ich übe für die Fertigstellung des Kihnu Troi, den ich wie schon im letzten Blogbeitrag beschrieben, in "Rohform" bei mir liegen habe, Vorder- und Rückseite und die Ärmel sind fertig, zusammengefügt und säuberlich zusammengenäht.
Die "offenen Stellen", an denen die Bündchen angestrickt werden, sind mit blauen Garn "vorgestrickt", mehrere blaue Reihen verhindern daß sich das Gestrick auflöst und ermöglicht ein leichtes Aufnehmen der Maschen.

Ich stelle hier noch eine Galerie mit Bildern des "Rohlings" zusammen.

vitsad, pakud, täpid - Borten, Block- und Punktmuster von der Insel Kihnu

Die kleine estnische Insel Kihnu in der Bucht von Riga hat nicht mehr als 500 Bewohner, aber ein grosses kulturelles Erbe, das inzwischen ins immaterialle Weltkulturerbe aufgenommen wurde: Die Handarbeitskunst und die Trachten der Frauen und Männer.

Ich verbrachte, wie hier im Blog schon geschildert, im letzten Sommer einige Tage auf dieser schönen ruhigen Insel und natürlich haben wir die Exponate im Museum genau bestaunt. Diese Tage waren die Vorbereitung für einen Workshop beim Craft Camp 2017 mit der verehrten Riina Tomberg, die uns in die Besonderheiten der Strickerei von Kihnu einführte.

Riina Tomberg

Kihnu Museum auf der Insel Kihnu

Ich war letztes Jahr auf der Insel Kihnu und habe im dortigen Museum die wunderbaren Strickarbeiten bewundert.

Mir haben die vielen Varianten imponiert und ich habe mit Freude die Muster studiert und auch die Fotos, die Riina uns zur Ansicht mitbrachte.

Und ich denke, dass mein erster Versuch auch gar nicht so schlecht geworden ist, jedenfalls für den Anfang...

Mein erster Versuch

Meine erste Kihnu-Strickerei

Nachstehend eine Photogalerie

Natürlich kann man an einem Workshop-Tag nicht mehr als einen Pulswärmer stricken, wenn man solch interessante neue Techniken lernt, aber besonders der berühmte Kihnu-Troi, ein Männerpullover, ist ohne diese Bündchen und Zierstreifen nicht vorstellbar. Und das reizt mich.

Diese Pullover werden mit einem Flächenmuster gestrickt und am Hals, auf den Schultern und an den Bündchen mit farblichen Musterakzenten geschmückt. Werden sie zunächst bei feierlichen Anläßen zur Zier des Mannes und Ehre der Strickerin getragen, enden sie meistens als Arbeitspullover, sie werden jahrelang getragen.

Ich war so angetan von diesen Pullovern, daß ich mir vornahm, auch solch ein Prachtstück für meinen Heinz zu stricken. Riina aber machte mir einen interessanten Vorschlag: Heutzutage stricke niemand mehr solch einen Pullover mit der Hand, nur die Abschlüsse. Body und Ärmel sind maschinengestrickt. Ich nahm sie beim Wort und bestellte mir einen Pullover im "Roh-Format" bei ihr. 

Ich holte mir den Pullover-Rohling dann im November in Tallinn bei Riina ab, an ihrem Stand beim Mardilaat.

Und war mir bewußt, daß ich den Pullover sicherlich nicht bis Weihnachten fertigbekäme, aber bis April werde ich es schaffen.

Heinz bekommt den Troi also zu seinem Geburtstag.

Im Archiv des estnischen Museums-Servers gibt es einige schöne und interessante Exemplare und ganz besonders hat mich gefreut, daß ich ein Stück eines Pullovers dort fand, der als Vorlage für einen Puppenpullover in Riinas Unterrichtsmaterial diente.
Nun habe ich die letzten Tage, vornehmlich die Abende, damit verbracht, die verschiedenen Strick-Techniken zu üben: Kihnu-Cast-On, vitsad, pakud, täpid. Dabei habe ich mich auch an das Standardwerk Estonian Knitting 1. Tradition and Techniques gehalten und die Anleitungen dort studiert und nachgestrickt.

So sind einige kleine Stücke entstanden und ich habe mich immer weiter vorgewagt. Zuletzt habe ich ein Bündchen gestrickt, dessen Vorlage ich bei der Suche im estnischen Museums-Server gefunden hatte, und das mir gut gefällt. Wie ich jetzt gesehen habe, ist dieses Bündchen auch auf einem Photo zu sehen, das uns Riina beim Workshop gezeigt hatte.

Ich werde morgen, wenn es wieder heller ist, den "Pullover-Rohling" und meine Versuchsstücke fotografieren und hier vorstellen.

Estonian Knitting 1. Tradition and Techniques

a photo of the cuff of a Kihnu-Troi (doll's size)

The knitted piece in the Heimtali Museum, from the archive of muis.ee, the estonian museum server.

In the museum’s collection:  kudumikatke, ERM HM E 368, Eesti Rahva Muuseum, http://www.muis.ee/en_GB/museaalview/1183816

Nach 4 Tagen vor dem Computer, mit Testen und Ärgern verbracht, kann ich endlich wieder etwas Positives tun: nämlich die geplante Fotogalerie über die Schönheit der Insel Kihnu zusammenstellen und auch noch ein paar Links zu weiterführenden Informationen und Videos +auf die Seite zu packen.

Wir haben die Insel im Sommer bereist, aber ich würde auch ganz gerne mal im Winter über das Eis auf die Insel fahren...

Nicht alle Straßen auf der Insel sind asphaltiert, aber alle Grundstücke sind rundherum ordentlich mit dem Rasenmäher in Form gebracht. Fast gewinnt man den Eindruck, als hätten die Esten den Rasenmäher erfunden.

Einem (deutschsprachigenen) Gast oder Bewohner oder Urlauber jedoch scheint das Gemähe zu stören. Wir haben uns gewundert.

Über die Insel verstreut liegen die Höfe, viele inzwischen mit Fremdenzimmern oder kleinen Gästehäusern. Auch wenn es keine Hotels gibt, oder vielleicht gut daß es keine Hotels gibt, persönlicher und ruhiger kann man nicht unterkommen, meine ich.

Viele Menschen sieht man nicht, die Insel sind dünn besiedelt und die Tagesgäste oder Urlauber sind per Rad, zu Fuß oder mit dem Wagen unterwegs, aber das verliert sich. Eine wunderbare Ruhe habe ich wahrgenommen.

Es gibt auch Inselbewohner, die so gar nichts mit den Gästen zu tun haben möchten: die Kihnu-Schafe. Das Kihnu-Schaf ist inzwischen als eigene Rasse anerkannt worden, es gehört zu den rare breeds... Klein, hochbeinig und scheu - damit ist es wohl am besten beschrieben.

Es gibt einen interessanten, informativen Artikel über diese Schafe auf der Webseite Wovember: Estonian Native Sheep

Einmal haben wir diese Schafe gesehen, am nächsten Abend, als wir sie noch einmal sehen wollten, hatten sie sich verzogen, waren nicht zu erspähen.

 

So, das war nun mein Bericht über unseren Aufenthalt auf der estnischen Insel Kihnu in der Bucht von Riga. Nachstehend noch eine Übersicht über Weblinks, ein paar Videos... das Alles kann auf keinen Fall eine Reise nicht ersetzen.
Aber bitte nicht zu zahlreich dort hinfahren, die Insel ist klein und es wäre schön wenn ihr Charakter noch eine Weile bewahrt werden kann.

Links

Eigentlich braucht man nur "Kihnu" in eine Suchmaschine eingeben und findet jede Menge mehr oder weniger informativer Webseiten.

Videos

Kihnu - was für eine Insel! https://www.youtube.com/watch?v=iuXQJcnSsXQ

Kihnu Culture - authentic and real:

Vision of Kihnu:

Kihnu from the air:

Estonia Kihnu Island

Ich liebe Museen. Ich weiß daß die Museen das WIssen und die Künste für uns bewahren. Daß sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart Brücken schlagen. Daß in ihnen Schönheit wohnt.

Dies alles trifft auch auf das Museum auf der Insel Kihnu zu.

Museum Kihnu

Beim Craft Camp der Kulturakademie Viljandi in Olustvere haben wir schon viel über die Traditionen der Insel gehört, im Museum in Tartu sind Trachten und ein Video von Kihnu Roosi zu sehen, auf dem Mardilaat-Markt in Tallinn sind die Damen von der Insel immer gut vertreten.

Beim kommenden Craft Camp 2017 habe ich den Workshop KNITTING KIHNU TROI - TRADITIONAL TECHNIQUES, COLOURS, COMPOSITION von Riina Tomberg belegt, unsere / meine Neugier auf das Museum war groß. Und nach der ersten Rundfahrt über die Insel zum Leuchtturm suchten wir das Museum auf. Und am nächsten Tag gleich noch einmal.

Eine Spezialität der Insel sind die "Kihnu Troi", die Fischerpullover von Kihnu. Oft über Generationen getragen, immer wieder geflickt.

Ein grafisches, flächiges Muster wird von wunderhübschen Bündchen, Schulterpassen, Ausschnittverzierungen ergänzt. Heute werden die Vorder- und Rückseiten meist mit der Maschine gestrickt, die Passen und Bündchen jedoch sind Handarbeit, das kann keine Maschine.

Und natürlich habe ich solch einen Pullover auf meiner "to-knit-Liste"... darüber aber später mehr.

 

Das seit 1974 bestehende Museum hat zwei Schwerpunkte: Bedeutende Männer der Insel sowie Gegenstände und Kleidungsstücke des Insel-Alltags.

Die ausgestellten naiven Gemälde haben hauptsächlich maritime Motive.

Die Fischer auf diesem Bild tragen moderne wasserfeste Jacken und nicht den traditionellen Fischerpullover.

Vielleicht sind die Männer deshalb über Bord gegangen?

Birgit Püve ist eine international anerkannte Fotografin und neben vielen anderen Auszeichnungen zählte sie im letzten Jahr zu den 12 wichtigsten Frauen Estlands. Ihre Fotoarbeit über die Altgläubigen am Westufer des Peipus-Sees / "by the lake" war mir bekannt, aber nun traf ich hier auf die ausdrucksstarken Porträts der Frauen, Männer und Kinder der Insel.
(Leider gibt es keinen Katalog und die Webseite der Fotografin ist auch noch mit Flash realisiert, was das Betrachten doch etwas erschwert.)

Kihnu - Poeem - Kihnu-Gedicht, was ein guter Titel für diese Arbeit!

Die Kinderbilder rühren  meine Seele...

 

Nachfolgend nun eine Galerie mit Bildern aus dem Museum.   Das Copyright für die Aufnahmen in dieser Galerie liegt bei Sue Malvern, eine meiner liebsten Reisebegleiterinnen!

(c) Sue Malvern, 2017 wie immer: für eine größere Anzeige: Klicken Sie auf die Bilder

Das Museum verfügt natürlich auch über einen "Museums-Shop", der wieder mal zum Geldausgeben verführt. Man kann aber auch Kaffee trinken, Postkarten schreiben oder das Gesehene sich setzen lassen.

Und für die Fans von Kihnu-Roosi  noch ein Tipp: Das neuaufgelegte Buch LOOMISE VÄGI. KIHNU ROOSI KÄSITÖÖKOGU gibt es hier zu einem Vorzugspreis: 20,00€ statt 46,00€ in den Buchhandlungen.

Details:
Kärt Summatavet: Loomise Vägi
ISBN: 9789949817337
Erscheinungsjahr: 2017
Sprache: estnisch

Im nächsten Beitrag geht es, wie versprochen, um die Landschaft, das Meer, die Blumen... auf der Insel Kihnu.
Und eine weiterführende Linkliste  wird es auch noch geben.