Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Der zweitägige Workshop des diesjährigen Craft Camps, für den ich mich eingeschrieben hatte, war der "Industrial Yarn Making" Workshop. Die Kulturakademie besitzt seit einigen Jahren eine Wollmühle, eine so genannte MiniMill, der italienischen Firma Ramella, und bei einem Besuch im Februar 2017 habe ich diese Maschinen schon bestaunt. Und mich gefreut, daß es das jetzt auch in VIljandi gibt.
Diesen Workshop hatte ich als zweite Präferenz gewählt, meine Erst-Präferenz war  ein Kurs bei Riina Tomberg. Aber das hat nicht sollen sein und so habe ich dann 2 Tage mit Wolle in allen Bearbeitungsstadien verbracht.

Photo: © Mathilde Frances Lind (e-mail sassysamovar@gmail.com).

Diese Wollmühle dient verschiedenen Zwecken:

  • nun ist es möglich, die Wollfabrikation in der Ausbildung vor Ort zu unterrichten
  • die Eigenarten und Besonderheiten der estnischen Wollen sollen erforscht werden
  • um die Schafzucht und damit die Landschaftspflege und die Landwirtschaft zu fördern braucht es Verarbeitung und Vermarktung der Produkte, das kann hier erlernt werden
  • Material für die Wiederbelebung traditioneller Techniken soll produziert werden können

Für unseren Workshop wurde ein "rohes" Vlies vom Kihnu-Schaf und ein schon gewaschenes Vlies einer gewöhnlichen Schafrasse bereitgestellt. Die helle Wolle, die schon gewaschen und vorbereitet war, konnte gleich an die Maschinen, die dunkle Wolle vom Kihnu-Schaf musste erst manuell verlesen und sortiert werden, da hängt ja so manches Unwollige noch dran!

Nach zwei Tagen mit vielen Arbeitsschritten an mehreren Maschinen gleichzeitig konnten wir uns dann über mehrere Stränge wunderbare Garne freuen und ich habe so Einiges gelernt:

  • es steckt sehr sehr viel Arbeit in der Wollfabrikation, trotz der ausgefeilten Maschinen für jeden Arbeitsschritt
  • die Arbeit ist körperlich anstrengend und der Lärmpegel recht hoch
  • nach so vielen Arbeitsschritten (waschen, reißen, kardieren, spinnen....) behält jede Wolle doch am Ende ihren Charakter, die Garne sind unterschiedlich griffig, es entsteht keine industrielle Einheitsware

Mein Respekt vor der Wolle und vor Allen, die sich mit Schafzucht beschäftigen und die Garne produzieren ist noch gewachsen und ich bin stolz auf die Garne, die wir mit nach Hause nehmen konnten.

Dieser Workshop an der WoolMill fand zum ersten Mal im Rahmen des Craft Camps statt und war somit auch für Astri Kaljus und Ave Matsin, unsere Lehrerinnen, eine Premiere.
Und unser Arbeitsergebnis war so gut gelungen, daß beim Abschlußdinner eine der Teilnehmerinnen des Craft Camps, die während dieser Tage ihren Geburtstag feierte, unsere Wolle geschenkt bekam. Und sich darüber sehr freute.

Nachstehend eine Bildergalerie dieser zwei intensiven Tage!