Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Am letzten Septembersonntag fuhr ich zum Fisch und Wollmarkt in Schaprode auf Rügen. (Der fehlende Ergänzungsstrich stammt nicht von mir ...)

Ich erfuhr von diesem Markt, der heuer zum ersten Mal stattfand, aus dem Newsletter der Regierung Mecklenburg-Vorpommerns, denn der Agrarminister Backhaus hatte dort auch einen Termin. Aber um den geht es hier (jedenfalls hier) nicht,

Der Ausflug hat sich wirklich gelohnt.

Wir haben eine schöne Ecke der Insel Rügen kennengelernt, uns über Wildblumen in Vorgärten gefreut, den kleinen Hafen von Schaprode, von dem aus man nach Hiddensee übersetzt, erlebt und allerlei gesehen. Das alles bei wunderschönstem Spätsommer-Wetter.

Was gab es alles?

Hier fand der erste Fisch- und Wollmarkt statt

wie immer: auf die Bilder klicken für eine größere Ansicht!

Ich freute mich darauf, die Nordwolle - Produkte zu sehen und war auf die weiteren Angebote gespannt; denn wenn ein Markt schon Fisch- und Wollmarkt heißt - das verheißt ja Einiges.

Es herrschte eine freundliche Gelassenheit, die Feuerwehr fuhr Ehrenrunden und alte Traktoren faszinierten nicht nur die Männer.

Aber der Reihe nach: in mehreren Zelten gab es Mitmach-Angebote (Blumen basteln, schnitzen..), eine kleine Hüpfburg, regionale Schlemmerstände (Super-Wurst, leckerer Kaffee und und und). Ein Zelt teilten sich Nordwolle und der Schnitzkurs.

Projekt Nordwolle – vom Pommerschen rauhwolligen Landschaf bis zur Filzjacke - das gefiel mir. Landschafe standen in einem Gatter und ließen sich streicheln und füttern, und dann die Kleider-Kollektion aus der heimischen Wolle.

Das rauhwollige, schwarzköpfige Landschaft hat ein dichtes Fell: kräftige rauhe Wolle, die sich gut zu sportlichen Webstoffen verarbeiten lässt, aber nur schlecht gefärbt werden kann.

Von der Webseite des Projekts:

"In allen Perioden der menschlichen Entwicklung spielte das Schaf eine wichtige Rolle. In unserer Heimat, auf der wunderschönen Insel Rügen, züchteten die Fischer das Grauwollige Pommersche Landschaf. Sie brauchten dringend Kleidung, die sie durch ihren schweren, den Elementen ausgesetzten Alltag brachte. Die Wolle ihrer Schafe erfüllte diese Aufgabe perfekt und liefert noch heute den Rohstoff für unsere Textilien.

Die Pommerschen Landschafe werden traditionell das ganze Jahr auf der Weide gehalten. Daher ist es essenziell für die Schafe, dass ihre Wolle ein hervorragendes Feuchtigkeitsmanagement aufweist. Über Jahrtausende ist so eine Faser entstanden, die wasserabweisend ist und gleichzeitig 30% ihres Gewichtes an Wasser aufnehmen kann, ohne sich klamm anzufühlen. Es verwundert nicht, dass unsere Vorfahren diese Faser als Kleidung wählten, um auf offenen Holzbooten wochenlang über Nord- und Ostsee zu segeln.

So lässt sich ein Bogen spannen, von der Entstehung dieser einzigartigen Rasse, etwa 3800 v. Chr. bis auf den heutigen Tag. Mit deinem Interesse hilfst du uns, diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen."

Das Projekt Nordwolle möchte diese gefährdete Rasse retten, denn heute spielen nicht mehr nur das Fleisch und das Vlies, sondern auch die landschaftspflegenden Eigenschaften dieser Tiere eine wichtige Rolle. Zudem ist ihre Haltung ökonomischer als die Haltung anderer Nutztiere:

Außerdem möchten wir der Monokultivierung der deutschen Nutztierrassenlandschaft die Stirn zu bieten, denn die alten Landschafe kommen z.B. ganz ohne südamerikanisches Kraftfutter aus.

Der Herr Landwirtschaftsminister Backhaus, Freund der Groß-Agrarier und Hans-Dampf-in-allen-Gassen, übte sich im Schnitzen und auf der Bühne gabs ein Kinder-Musikprogramm.

Ich schaute lieber erstmal in das Zelt mit den Verkaufsständen.

Handgemachtes, Schönes war zu sehen und zu probieren. Schnaps, Milchseife, Geschenkartikel, leckere Wurst - aber vor Allem: Wolle!

Eine Übersicht über die hier vertretenen Anbieter findet man auf der Webseite des FIsch- und Wollmarktes.

Es gab fertige Wolle und ungesponnene Wolle, man konnte Handspindeln erwerben und sich in der Woll-Auswahl verlieren, und fröhlichen Frauen beim Spinnen zuschauen.

Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben ein Dreier-Spinnrad gesehen, eine Spinnerin tritt und spinnt, die anderen habens besser und spinnen "nur".

Ich besitze inzwischen auch eine Handspindel, habe aber noch nicht begonnen damit etwas zu produzieren. Aber mein Interesse für das Spinnen ist geweckt.

Ich wollte immer schon wissen, seit ich den TV-Bericht über Nordwolle gesehen habe, ob es die Wolle des rauhwolligen pommerschen Landschafs nicht doch als Strickgarn gibt und tatsächlich: am Wollfratz-Stand war sie zu haben.
Ein kräftiges Garn, wunderschön grau, aber ich werde es erstmal nicht verstricken sondern als "Beweismaterial" aufbewahren, zu "Unterrichts- und Lehrzwecken", wie es oft so schön heißt.

Mit einer Lauflänge von 130m / 100g ist es ein Garn für Seemannspullover und Winterjacken, anheimelnd und robust. Es pflegt zudem die Hände denn es enthält noch recht viel Wollfett.
Dieses Garn gibt es im Online-Shop der Wollfratz-Wollerey aus Bergen auf Rügen, wo kardiert, gesponnen und gestrickt wird.

Und zum guten Schluß erspähte ich dann noch eine Mütze, die mir sehr bekannt vorkam: eine nette junge Frau aus Kiel trug "Selbu Modern,"  eine Mütze, die ich auch schon gestrickt habe, und nun bin ich mit RosaRegen auf Ravelry befreundet.

Merke: An ihren Mützen sollt Ihr sie erkennen...

Ein intensiver Tag, und ein schöner kleiner Markt. Und wie immer schwirren viele Ideen durch mein Gemüt, mal sehen was ich davon alles umsetzen kann! Aber diesen Markt besuche ich nächstes Jahr bestimmt wieder.