Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Drei Flugstrecken, von Haugesund -> Oslo -> Helsinki -> Rovaniemi, brauchte es von Norwegen bis in den hohen Norden Finnlands und dementsprechend anstrengend war die Reise.
Aber was wurden wir belohnt!

Eine Busfahrt von Rovaniemi nach Inari am gleichnamigen See, rund 250km nördlich des Polarkreises, durch unendlich scheinende Wälder, und ab und ein paar wenige Rentiere am Strassenrand.
Bisweilen regnete es, der Himmel war grau, wunderschöne Blumen säumten die Strassenränder und erfreuten uns.

Wir hatten es geschafft. Wir fuhren ins Land der Sami, nach Sápmi, von Rovaniemi über Ivalo, dem Verwaltungsort der Region, nach Inari  - wir wollten in Inari das renommierte Siida-Museum besuchen und ein wenig über die Kultur der Sami-Völker erfahren..

Auf nach Sapmi / Ivalo

Das Museum ist hervorragend eingerichtet; Naturkunde, Kultur, Lebensweise und Geschichte der indigenen Samivölker sind die Schwerpunkte.
Und ich stellte fest wie wenig ich über die Sami wusste, wie unbekannt ihr Kampf um Überleben und Autonomie mir war. Ich wusste auch nichts über die Zerstörung der Sami-Siedlungen durch die deutsche Wehrmacht und ich fühle mich immer noch beschämt,  daß dieses Thema so wenig wahrgenommen wird.

Und die Museumsbesucher? Aufmerksam und konzentriert - angereist aus etlichen nordischen Ländern, aber auch aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, mit Reisebus, Wohnmobil oder Motorrad 

wie immer: für eine größere Darstellung auf ein Bild klicken!

Neben der permanenten Ausstellung wird gerade eine Ausstellung der Künsterlin Outi Pieski gezeigt: "Rematriation of a Ládjogahpir—Return to Máttaráhkká" - es geht um den "Hornhut / ládjogahpir" der samischen Frauen, der von den christlichen Missionaren verteufelt, verboten und verbrannt wurde, bis in unsere Gegenwart vergessen war und nun durch dieses Gemeinschaftsprojekt der Künstlerin Outi Pieski und der Wissenschaftlerin Eeva-Kristiina Nylander in die Gegenwart geholt wurde. Der Titel der Ausstellung enthält ein Wortspiel, das zu denken gibt:

statt Re-Patrisierung Re-Matrisierung! Es geht um Frauen, Mütter, nicht um Väter.

Aber auch die Natur des hohen Nordens beeindruckte uns: 250 km "oberhalb" des Polarkreises, so weit nördlich war ich noch nie gewesen, blühten Blumen in zarter Blumenpracht, waren die Waldböden mit Beerensträuchern bedeckt, ließen sich ab und an Rentiere blicken, und ein putziges Eichhörnchen turnte in der Nähe des Museums herum.

Wir unternahmen eine Bootsfahrt über einen Abschnitt des Inari-Sees, der drittgrößte See Finnlands und der größte der Region Sápmi, vorbei an Friedhofsinseln (die Toten wurden auf In seln beigesetzt, damit ihre Totenruhenicht von Wildtieren gestört wird) und an dem sagenhaften Ukko-Felsen, einem samischen Opferplatz.
Natürlich konnten wir nur einen kleinen Abschnitt des Sees "befahren", aber wir sahen die menschenleeren Inseln, die Ufer, die Wälder, riesengrosse Felsen ... ich freue mich dass ich das alles erleben durfte.

am Abschiedstag, als wir mit unserem Gepäck zur Busstation "rollten", gaben uns 4 Rentiere ein Geleit und die Sonne kam heraus. In wunderschönem Licht fuhren wir durch die Wälder, stiegen in Rovaniemi in den Zug und erreichten spätnachts Helsinki.

Die Tage in Finnland, im hohen Norden, in der Region Sápmi - ein anstrengeder, aber sehr sehr lohnenswerter Abschnitt meiner Sommerreise!

Ja, der Sommer naht und damit auch die große Reise, die ich zusammen mit Freundinnen geplant habe... Diesmal werde ich wirklich sehr lange unterwegs sein, sieben Wochen, und nicht nur im Baltikum...
Ich werde allein an drei Strick-Wochen teilnehmen, dem Nordic Knitting Symposium auf der Insel Karmøy, das jährliche Craft Camp in Viljandi / Estland und zum Schluß noch die Strickwoche in Latgale / Lettland, Let's Knit in Latgale, die mir letztes Jahr so gut gefallen hat, daß ich noch einmal dabei sein möchte.
Aber nicht nur aufgeführten Veranstaltungen stehen auf dem Plan, wir werden auch das Textilmuseum in Bergen, das Sami-Museum in Inari / Nordfinnland und weitere Museen, die auf unserer Route liegen, besuchen.

Den Anfang machen Pat und ich. Wir treffen uns in Oslo, sie kommt aus Denver, ich von Berlin. Zusammen reisen wir mit Bus und Bahn durch Norwegen, zum Nordic Knitting Symposium, und dann weiter nach Helsinki. Dort kommt Sue aus England dazu und wir fahren in den hohen Norden, nach Rovaniemi und ganz speziell nach Inari. Dort wollen wir das berühmte Sami-Museum Siida besuchen. Zurück in Helsinki werden wir die Fähre nach Tallinn nehmen und unsere Freundinnen vom CraftCamp treffen. Eine Woche in Viljandi, das muss ja eigentlich sein... ich glaube es ist das siebte Mal für mich!

Oslo, Norwegen

Berlin, Deutschland

Rēzekne, Lettland

Riga, Lettland

Ruhnu, 93001 Saare maakond, Estland

Pärnu, Kreis Pärnu, Estland

Viljandi, Kreis Viljandi, Estland

Tallinn, Estland

Helsinki, Finnland

Inarintie 46, 99870 Inari, Finnland

Austre Karmøyveg 23, 4250 Kopervik, Norwegen

Danach dann gönnen wir uns eine große Pause, auf der wunderbaren Insel Ruhnu! Für eine Weile sind wir dort zu fünft (Pat, Sue, Riina, Claudia und ich), am längsten bleiben Pat und ich. Erst in Tallinn, wo der obligate Besuch im Superladen Karnaluks natürlich auch eingeplant ist, trennen wir uns, ich fahre dann nach Riga weiter, besuche für einige Tage Sena Klets, ruhe mich aus und dann gehts nach Latgale!
Natürlich sind da auch wieder viele Freunde dabei, manche zum ersten Mal, manche als Wiederholungs-Strickerinnen.

Das wird eine lange Reise. Ich freue mich darauf und habe auch einige Bedenken, wie ich die vielen (hoffentlich schönen) Eindrücke alle verkraften und verarbeiten kann. Mal sehen, bald gehts los!

Es ist der dritte Advent, es schneit draußen und der (wenige) Schnee bleibt auch liegen, ich habe Hausarrest wegen Covid-19 und gehe nun ein Thema an, das ich schon lange auf meiner Liste habe:
Ich möchte neue Bücher vorstellen, Bücher die sich  mit Stricktraditionen, Strickforschung und die sich auf meinen Bücherregalen, Schreibtisch und noch an vielen anderen Stellen in unserem Häuschen stapeln.

Und wie das so oft ist, es gibt fast immer eine Geschichte zu den Büchern, und deshalb heißt dieser Beitrag auch "with a little help from my friends.."

Das Internet bietet uns so viele Möglichkeiten, Informationen.. es weckt Begehrlichkeiten und verleitet zum Studium.
Aber manchmal ist das alles gar nicht so einfach. Auf meiner Suche (ich suche ja gar nicht, ich finde... ) fand ich so einige interessante Bücher, die ich unbedingt haben wollte. Aber gerade bei Büchern aus Skandinavien ist es oft gar nicht so einfach, sie zu bestellen.

Ich verstehe zwar etliche Sprachen, aber nicht Norwegisch oder Schwedisch.
Da aber gerade Norwegen und Schweden soviele schöne Stricktraditionen haben und es so schöne Bücher darüber gibt, behelfe ich mir oft mit den online-Übersetzungstool, die entweder im Chrome-Browser sofort zur Hand sind oder in anderen Browsern als Add-On eingebunden werden können. So kann ich auch recht leicht Bestellformulare ausfüllen.

Oft aber wird in Bestellformularen die Eingabe einer Personen-Kenn-Nummer gefordert und ich habe nunmal keine solche Nummer... gibt es ja in der BRD nicht, und Pass- oder Personalausweis-Nummern werden nicht akzeptiert. Also kann ich nicht bestellen... aber ich habe ja liebe Freundinnen und Bekannte, die mir weiterhelfen.

Und hier möchte ich nun die wunderbaren Bücher vorstellen.

Mitten and Caps aus der schwedischen Provinz Halland

Mitten and Caps
Ich fand zwar Links zu Online-Buchhandlungen, die dieses Büchlein führen, scheiterte aber wie oben schon beschrieben am Bestellformular. Eija-Liisa Koolmeister, eine Freundin vom CraftCamp, kam mir zu Hilfe und bestellte zwei Büchlein für mich, die dann auch nach einiger Zeit eintrafen. Ein Exemplar reiste dann gleich weiter nach Denver / Colorado zu Patricia, einer guten Strick- und Reisefreundin in den USA.
Letztes Jahr hatte ich Eija-Liisa bei der Suche nach dem baierischen Strohbären geholfen, nun half sie mir.

Halland Mittens and CapsHerausgeber: Halmstads hemslöjdsförening
ISBN: 9789151960913

Sprache: Englisch

Erschienen  04.09.2020

Anzahl Seiten: 27

Der Halland-Handwerksverein Bindslöjden sammelt seit seiner Gründung im Jahr 1911 Kunsthandwerk, Skizzen, Fotografien usw.
Die Sammlung, bestehend aus rund 1.500 Objekten, wurde 2013 in das Kunstmuseum von Halland überführt. Etwa die Hälfte der Objekte, etwa 800, sind in der digitalen Datenbank Hemslöjdens Sammlungem erfasst.

Das Büchlein enthält Informationen über die Geschichte und Besonderheiten der Binge-Strickerei in der schwedischen Provinz Halland.  (Binge = Stricken)
So werden größere Arbeiten immer rundgestrickt und dann per Steek aufgeschnitten.
Die Muster sind meistens geometrisch, immer zweifarbig.

Das Hallands Konstmuseum beherbergt ein großes Strick-Archiv und viele der Gegenstände sind schon im digitalen Museum zu bestaunen.
Mehr Informationen zu den Museums-Sammlungen gibt es hier (von Tante Google übersetzt),

Im Büchlein finden sich auch die Anleitung für eine Mütze und ein paar Handschuhe, und irgendwann stricke ich die Mütze auch noch!

 

Fancy Mittens - Markkinavanthuita

Ich war eine Zeitlang "Patreon" der amerikanischen Autorin Beth Brown-Reinsel, die sich in der textilen Landschaft Skandinaviens recht gut auskennt. In einem der Beiträge dort berichtete sie über ein Buch der schwedischen Autorin Erika Nordvall Falck

"I have learned more about these wonderful mittens and connected with a Saami knitter, Erika Nordvall Falck, who wrote a book about them. This book is written in both English and Meänkieli, a Finnish dialect spoken by certain Saami people. There are lots of photos to inspire and history too!"

Und sie gibt einen Hinweis wie man an dieses Buch kommt.... per Mail an die Autorin

Ich erwähnte diese Referenz zum Buch im Gespräch mit meiner Freundin Pat und einige Wochen später lag das Buch in meinem Postkasten.
Pat hat es mir schon im Voraus zu Weihnachten geschenkt.

Aber die Bestellung war nicht einfach, denn auf ihre Mail an Erika Nordvall Falck hin bekam sie die Antwort, es gäbe keine Exemplare mehr, sie seien alle ausgeliefert oder verkauft.
Dann aber hat die Autorin zwei Exemplare von einem Weiterverkäufer zurück-beordert und je eines davon an Pat und an mich versandt.

Und nun studiere ich die Handschuhe! Wenn ich den Wetterprognosen glauben darf, kann ich diesen Winter auch dickere Handschuhe gebrauchen, es soll kalt werden. Und wir haben ja auch schon Schnee... es schneit bei uns im Norden schon einige Zeit und bleibt sogar liegen!

Nachtrag:
Erika Nordvall Falck hat mir mitgeteilt, daß das hier vorgestellte Buch vergriffen ist, aber vielleicht gibt es nächstes Jahr eine digitale Version davon, ein e-Book. Ich werde das dann auf jeden Fall hier mitteilen.
Und sie schickte ein Päckchen für mich auf den Postweg, der Inhalt: eine Broschüre zur Handschuh-Ausstellung, Anleitungen, Postkarte... das ist bestellbar! Sobald die Sendung hier eintrifft, stelle ich das alles ausführlich vor.

Erika Nordvall Falck Photo: Hans-Olof Utsi

Photo: Hans-Olof Utsi

DIe Autorenseite von Erika Nordvall Falck bei der Autorenvereinigung Författarförmedlingen: https://forfattarformedling.se/forfattare/erika-nordvall-falck/

Das Buch MARKNADSVANTAR wurde in vier Sprach-Versionen herausgegeben: eine englischsprachige Version + Meänkieli (nordfinnischer Dialekt) <= diese Variante habe ich hier vorgestellt.
Die anderen drei Versionen sind lieferbar; jeweils in schwedischer Sprache und einer Sami-Sprache, denn alle Versionen sind zweisprachig.

Erika Nordvall Falck: MarketmittensTitelfoto: Erika Nordvall Falck

Nordvall Falck, Erika: 
Marknadsvantar - Meassováhcat
(andere Ausgabe: Marknadsvantar - Mässofáhtsa)
Sprache: Schwedisch, Englisch + Meänkieli, ein nordfinnischer Dialekt
ISBN: 978-91-87636-29-5
Seiten: 100
Verlag: Ájtte, 2020

Die Kapitel im Buch behandeln diese Themen:

  • Die lange Geschichte des Strickens in Norbotten, Jukkasjärvi und Jokkmokk
  • Das Material aus der Kirche von Jukkasjärvi.
  • "Regionale Fäustlinge"?
  • Die alte Art zu stricken.
  • Mustertraditionen.
  • Verlobungshandschuhe.
  • Teres Torgrims Sammlung
  • Rekonstruktionalter Handschuhe
  • Tradition und Innovation.

Aber das ist noch nicht alles. Dem Buch beigepackt waren Anleitungen für Frauen- und Männerhandschuhe und einige wunderschöne Postkarten.
Ein Augenschmaus!

Und was noch?

Im nächsten Beitrag stelle ich noch ein Buch aus Schweden und eines aus Norwegen vor. Und eine ganz besondere Mütze aus der Schweiz.

Ich habe in den letzten Wochen, während meiner Krankheit, doch öfter mal Online-Vorträgen zugehört. Irgendwie sind Online-Meetings (Zoom z.B.) nicht "so meins", aber die Möglichkeit zu haben, life einem Vortrag zu folgen, das finde ich großartig.

Und seit einiger Zeit schon verfolge ich immer mal wieder die Aktivitäten der North House Folk School in Grand Marais, Minnesota / USA. Diese Einrichtung wirbt mit dem Slogan "Learn traditional northern craft on the shore of Lake Superior"
Klingt verlockend! Da gibt es ein Arctic Film Festival, Family Weekends, Basket Week und vor kurzer Zeit die Fiber Week. Auf der dazugehörigen Webseite wurden einige Zoom-Webinare zum Thema Textile Traditions from around the World angeboten. Und der Zugang zu diesen Webinaren war kostenlos, es brauchte nur eine Anmeldung und für uns Europäer ein Blick auf den Zeitzonenrechner.
Alle diese Webinare sind auch bei Vimeo als Video gespeichert, sodaß man sie auch wenn man nicht teilnahm, doch abrufen kann.

Ich habe mir zwei der Webinare angeschaut:

  • Saami Textile Traditions of the Russian Kola Peninsula, gehalten vonTina Sovkina, in russischer Sprache. Das war sehr interessant, aber nicht immer einfach, denn die Internetverbindung der dazugeschalteten Übersetzerin fiel immer wieder aus und so stockte der Vortrag ab und zu. Das VIdeo ist her zu finden: https://vimeo.com/679242673

  • und dann, eine ganz besondere Freude für mich, gab es den Vortrag Norwegian Spelsau: Reflections on Lustrous Wool, gehalten von der wunderbaren Annemor Sundbø, die eine Herde dieser bedrohten Schafsrasse besitzt und viel für den Erhalt der Rasse tut. Das Video hierzu gibt es bei Vimeo: https://vimeo.com/679285312 Und wer möchte, kann dort sogar das komplette Video herunterladen (1,2GB!)

Es lohnt sich auf jeden Fall den Newsletter des Instituts zu abonnieren!

norwegische Spelsau-Schafe

Frode Inge Helland, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Und jetzt möchte ich den nächsten Online-Workshop ankündigen:

RECONSTRUCTING TEXTILES AND THEIR HISTORY: Egyptian Fabrics from the 1st Millennium AD at the National Museum of Denmark

Das Nationalmuseum Dänemarks verfügt über eine beachtliche Sammlung ägyptischer Textilien und Anne Marie Dekker wird in diesem Online-Workshop über die uralte Technik des Nadelbindens berichten: A fringe study in footwear: lessons learned from a sock in a box. Auch wenn ich nicht wirklich ein Fan dieser Technik bin, ist die Geschichte doch hochinteressant.
Auch diese Vorträge werden später noch nachlesbar sein, denn es eine PDF-Veröffentlichung (so ab Mai 2022 auf der Webseite des Museums) geplant.

Die Teilnahme ist kostenfrei, aber die Registrierung muss spätestens bis zum 20. März erfolgen, dazu gibt es ein Online-Formular.

Das komplette Programm des Projektes RECONTEXT: Reconstructing the history of Egyptian textiles from the 1st Millennium AD at the National Museum of Denmark ist auf der Webseite https://nalbound.com/2022/03/10/reconstructing-textiles-and-their-history-workshop/ einzusehen oder kann in  PDF-Format  heruntergeladen werden.

Zoom-Online-Workshop am  26. März 2022, 13:00 Uhr (7am EDT)
Die Teilnahme ist kostenlos, Registrierung ist aber erforderlich
Teilnahme-Registrierung bis spätestens 20. März per Google-Formular