Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Riga ist ganz ungewohnt leer... keine Reisenden, fast jedes zweite Geshäft in der Altstadt ist geschlossen, die Krise ist  nicht zu übersehen. VIele meiner Lieblingsplätze stehen nun leer, aber Sena Klets und mein Lieblingscafé Rigensis haben offen. Morgen werde ich auch noch Tines besuchen.

Gestern, am ersten Tag, schlenderte ich umher, schaute bei Ziedite in Sena Klets hinein und studierte die aktuelle Ausstellung im Zentrum Ritums. Schöne Dinge gab es zu sehen, traditionelle (Handschuhe, Socken) und modernere Strickereien, wie z.B. eine extravagante Strickjacke die aus lauter Short-Row-Abschnitten bestand.

Und heute war dann der Termin im Archiv des Museums. Linda Rubena hatte meinen Besuch vorbereitet und zu dritt (Linda, Ziedite und ich) fuhren wir auf die Seite der Daugava. Das Archiv ist ein beeindruckendes modernes Gebäude, großzügig und gut ausgestattet.
Und dann kamen die Kartons mit den Mützen. Ich suche ja nach einer Antwort auf die Frage, weshalb es in Lettland wohl keine gestrickten Zipfelmützen gibt... und wir fanden sie hier auch nicht.
Rund 15 Kopfbedeckungen waren aus dem Lager geholt worden, und bis auf zwei Exemplare (eine Frauenmütze von der estnischen Insel Saaremaa und eine Zipfelmütze unbestimmter estnischer Herkunft) waren es alle Schlafmützen! Hauptsächlich aus Leinen gefertigt, die meisten mit Maschine gestrickt. Einige waren gefüttert, mit frottee-artigen Schlaufen, andere wiederum zeigten kleine Musterbänder aus rechten und linken Maschen.
Ich werde diese Mützen noch ausführlich untersuchen und studieren, hier soll erstmal eine kleine Photo-Serie genügen.

Es ist und bleibt wohl ein Rätsel.

Geplant und gebucht ist die Reise schon lange, und dann steht der Abreisetag doch plötzlich vor der Tür! Morgen geht es los. für sechs Tage nach Riga. Und ich habe viel vor:

  • Ich habe eine Verabredung im Historischen Nationalmuseum mit Linda Rubena (Kulturinstitut Lettland)  und Ziedite Muse (Sena Klets). Wir wollen einem Rätsel auf die Spur kommen:
    Warum gibt es keine Zipfelmützen in Lettland?
    Ich habe so viele Ausstellungen besucht, so viele Sammlungen gesehen, aber nirgendwo  fand ich eine gestrickte Mütze. Auch wenn der Ethnographisch-Historische Atlas der Baltischen Länder (Autorin: Mirdza Slava) einige Zipfelmützen auflistet, wenige nur im Vergleich zu deren reichen Vorkommen in Estland, gibt es anscheinend keine Belege für solche Mützen.
    Das Archiv des Historischen Museums in Riga enthält einige Mützen, aus Wolle, Baumwolle oder Leinen, aber ob das lettische Mützen sind? Die Kuratorinnen meinen, diese Exemplare kämen aus Estland.
    Tja, am Donnerstag weiß ich vielleicht mehr - Fotoapparat, Baumwollhandschuhe, Bleistift und Radiergummi sind eingepackt, die Neugierde ist groß.
Eine Schankszene aus Livland, Lettland

Das Bild mit der Schankszene aus Livland habe ich einem kleinen Büchlein entnommen, das als Gemeinschaftsprojekt der Regionen Seto und Kihnu in Estland und Suiti und Livland in Lettland entstanden ist.
Auf dem Bild ist eine Zipfelmütze zu sehen, aber erstaunlicherweise eine Mütze mit einem Schirm, und auch ein Paar Socken (solche stricke ich gerade).

  • Im Ritums Handarbeitszentrum gibt es gerade wieder eine interessante Ausstellung zum 50-jährigen Bestehen des Ateliers für angewandte Volkskunst "Cēre"  zu bestaunen. Dieses Zentrum ist immer wieder einen Besuch wert. Und es liegt gerade mal 20 Meter entfernt von Sena Klets... es gibt also keine Ausrede, dort nicht vorbeizuschauen!
  • Ich wollte eigentlich noch eine Pottmütze im Museum "World of Hats" vorbeibringen, aber auf meine Anfrage hin kam leider keine Antwort. Ich schaue einfach mal vorbei und versuche ins Gespräch zu kommen.
  • Ja, natürlich schaue ich bei SENA KLETS vorbei, treffe meine Freundinnen und verabrede mich mit Maruta Grasmane.

Das ist eigentlich schon ein recht gut gefülltes Programm, und natürlich werde ich wieder im Café Rigensis sitzen, mich mit Jana treffen, stricken und genießen.

Ich werde berichten!

Ausstellung im Zentrum RItums, Riga

Nun habe ich es endlich geschafft, das Museum "World of Hat" in der Vilandes Strasse in RIga zu besuchen. Eine großartige Sammlung einzigartiger Kopfbedeckungen, zusammengetragen auf der ganzen Welt von dem russischen Sammler, Philanthropen und Mäzen, Kirill Babaev.

Jedes Exponat besitzt auch eine Tafel mit einer Erklärung in 3 Sprachen, und so habe ich einen abenteuerlichen Holztier-Hut der Dogon in Westafrika, einen schwarzen  Kopfreifen aus Wolle von einem chinesischen Bergstamm mit den runden bunten Scheiben bewundert, Kopfbdeckungen aus Menshenhaar, Leder, Stoff, vielfarbig bunt oder trauerschwarz. Schwerpunkte der Sammlung sind Hüte aus Südosteuropa, Russland, Asien, Afrika, Südamerika - der Norden Europas kommt schlecht weg, nur ein nicht so besonders schöner Tam-o'Shanter aus Schottland - da werde ich wohl bald mal eine Pottmütze spendieren.

Im Museum gibt es auch Sonderausstellungen (zur Zeit Papierkunst) und Schulkassen können praktisch lernen und ihre eigenen Kopfbedeckungen gestalten. Gegen einen kleinen Obolus kann der Museumsbesucher selbst Hüte aufprobieren - es ist unterhaltsam und anregend hier.

Vīlandes iela 7, Centra rajons, Rīga, LV-1010, Lettland

The World of Hat - Ethnic Museum

Öffnungszeiten; täglich von Mittwoch bis Sonntag 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr
7 Vilandes, Riga, Latvia

Eingang über den Hof - am Klingelschild die Zahl "12" eintippen und das Klingelsymbol drücken!
Das Museum ist im Hochparterre

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Es gibt noch einen Ort, den ich in Riga immer wieder aufsuche und hier auch schon vorgestellt habe: Das Zentrum Ritums gleich in der Nähe von Sena Klets. Zu meinem Glück wurde die Ausstelllung "60 dzirkstis" um 2 Tage verlängert und so konnte ich die Ausstellung der zwei Volksksunststudios Kalvis und Draudziba genießen.

Kultūras un tautas mākslas centrs "Ritums"

Jauniela 29a, Rīga (Altstadt)

Die Arbeiten von Draudziba konnten wir ja letztes Jahr in Greifswald für 4 Wochen im Koeppenhaus zeigen, nun sah ich die wunderbaren Arbeiten wieder hier an Ort und Stelle.

Und ich muss gestehen, der Strumpf und der mit Goldmetall verzierte Hut, in archäologischer Manier, versöhnte mich mit der von mir nicht so geliebten Handarbeitstechnik des Nadelbindens. Einige der Handschuhmuster kannte ich bisher nicht, da werde ich wohl demnächst wieder ein paar Muster auszählen...

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