Ich habe es in meinem Jubiläumsartikel ja schon erwähnt: ich habe einen ganzen Satz Photos eines Glockenbetzels, einer Männermütze der Marburger Tracht, geschenkt bekommen und daran habe ich meine Freude. Diese Mütze fasziniert mich seit ich im Juli zum Geburtstag das großartige Buch mit den Trachtenbildern des hessischen Forschers Ferdinand Justi geschenkt bekommen habe. Und natürlich bin ich neugierig auf Männermützen, seit ich mich mit der pommerschen Pottmütze beschäftige.
Auch wenn es mir zur Zeit nicht möglich ist, wie geplant eine mehrtägige Reise nach Nordhessen zu unternehmen, um in Biedenkopf, der Marburger Gegend und im Kasseler Museum die Männerkopfbedeckungen zu studieren, sind die Mützen ja nicht aus dem Sinn. Und die Bilder, die ich gerade geschenkt bekommen habe, zeigen soviele Details, enthalten soviel Informationen dieser traditionellen Mütze - also, kurz und gut, die Neugierde bleibt angeheizt und diese Mütze stricke ich bestimmt demnächst nach.
Das ist die Mütze in ihrer ganzen Pracht. Sie wurde, wie im oberen Teil ersichtlich, 1939 gestrickt, und zeigt die Initialien des Träges, U. E. Das Material ist dünnes Baumwollgarn, also keine Wolle, und sie ist fast "bis oben hin" gefüttert.
Die Rippe im breiten einfarbigen Streifen ist wohl die Reihe, an der Innenfutter und Außenseite zusammengestrickt wurden.
Das Innenfutter ist das gleiche Blau wie die Hauptfarbe der Mütze, es wurde also nicht wie sonst oft ein vielleicht billigeres, helles Garn verwendet. Das untere und das obere Musterband sind identisch und dadurch wirkt die Mütze so vollendet und symetrisch.
Solche Mützen sind auch in der Objektdatenbank der Kasseler Museumslandschaft zu finden, und deshalb zeige ich hier zum Abschluß des heutigen kurzen Beitrags ein Bild von Ferdinand Justi und einige der Mützen aus dem Museumsbestand.
Glatt rechts flachgewirkte Mütze
Link zum Museumsobjekt
Mütze aus dem Ebsdorfer Grund
Link zum Museumsobjekt
diesmal keine blaue, sondern eine braune Mütze
Link zum Objekt im Museum
Jede dieser Mützen hat ihre Eigenheiten und die Beschreibung der Objekte irritiert mich. Die Mützen werden immer als "flachgewirkt" beschrieben:
Glatt rechts flachgewirkte Mütze, im oberen Drittel verschiedene Musterstreifen,
dazwischen eingewirkte Jahreszahl "1886" zwischen Kronen, ganz oben Stern. In 45 cm
Abstand von oben ein 12,5 cm breiter eingesetzter Musterstreifen in größerem Muster.
Mit der Hand zusammengenäht; oben Quast (Glocke).
Sie scheinen also nicht handgestrickt zu sein, sondern maschinell gefertigt? Die Wikipedia informiert:
Abgrenzung von Wirkware gegenüber Strickware, Webware und Bildwirkerei
Bei den Maschenwaren wird je eine Fadenschlinge in eine andere geschlungen, und so die miteinander verbindende Masche gebildet. Beim Stricken oder Häkeln wird eine Masche nach der anderen hergestellt, die Maschen liegen jeweils nebeneinander und der Faden verläuft horizontal entlang einer Maschenreihe; eine derart hergestellte Maschenware heißt Strickware, gleich ob manuell oder maschinell erzeugt. Bei Wirkwaren wird eine Vielzahl von Maschen in einem Schritt gebildet, indem zahlreiche Nadeln gleichzeitig den Faden vielfach ergreifen und je in Schleifen durch Schlaufen schlingen. Ein solches Verfahren wird nur maschinell durchgeführt, wobei die Nadeln und Platinen als Gesamtheit bewegt und in bestimmten Bewegungsmustern geführt werden.
Eine solche Fertigung kann ich mir nicht bei allen Museumsmützen vorstellen und die schöne Mütze aus dem Jahre 1939 ist nicht gewirkt sondern mit der Hand gestrickt.
Sind die blauen Mützen tatsächlich gewirkt? Bei der hellen Mütze kann ich das glauben, sie wird so beschrieben:
Glatt rechts flachgewirkte Mütze, im oberen Drittel grafische Musterstreifen, unterer
Rand mit Innenteil in Frotteetechnik gewirkt und grafisch gemustert, innen im oberen
Teil glatt gewirkt und von Hand beutelartig zusammengenäht; oben Quast (Glocke).
Und die Frotteetechnik ist ja nun mal eine Maschinentechnik, aber die anderen Mützen? Ich stehe noch ganz am Anfang.