Die Werbewirtschaft läßt ja bekanntlich nichts aus und wenn man schon das unsägliche Halloween in alle unbedarften Hirne gepusht hat, dann kann das mit dem Tag der Oma ja auch funktionieren. Und so wurde dann, wenn auch ohne große Resonanz, für den vergangenen Sonntag der Tag der Oma ausgerufen.
Ich wollte zwar nie Kinder haben, aber Großmutter wäre ich schon gerne, so habe ich mich jedenfalls schon in frühem Kindesalter festgelegt. Und das habe ich ja auch fast geschafft, habe immerhin den Vater eines Sohnes geheiratet. Und im Großmutter-Alter bin ich mit meinen 61 Jahren allemal. Trotzdem fühle ich mich von solchen Aktionen, wo Gefühle vermarktet werden, immer verärgerter.
Deshalb kommt mir auch die Galle hoch, wenn ich solchen Text wie den nachstehenden lese und in der aktuellen Ausgabe von "The Knitter" dieses Projekt (www.myoma.de) in den höchsten Tönen gelobt wird:
Mit dem sozialen Projekt MyOma möchten wir die ältere Generation unterstützen und ihnen eine Aufgabe geben, die Spaß macht und gleichzeitig die Rente aufbessert. Wir von MyOma sind der Meinung, dass Lebenserfahrung sowie das Wissen und Können von älteren Menschen eine Bereicherung für die Gesellschaft darstellt, die genutzt werden sollte. Mit MyOma möchten wir eine Gemeinschaft schaffen, in der sich unsere „Strickomas“ wohl und gebraucht fühlen. Jede Oma wird selbstverständlich pro Strickauftrag entlohnt und entscheidet selbst, was und wie viel sie stricken möchte. Jeder, der sich für ein MyOma-Produkt entscheidet, unterstützt somit auch eine Oma.
Grundsätzlich ist es ja schon mal so, daß alles was mit "my" beginnt, mit Vorsicht zu genießen ist. Meistens richten sich solche Angebote an zahlungswillige BWL-Absolventen oder andere verwöhnte Jüngelchen beiderlei Geschlechts, die es sich wert sind.
Wie hier aber die Zutaten "handgestrickt ist geil" - "will ich auch haben, kann ich aber nicht, aber angeben will ich schon damit" - "und eine gute Tat ist ja auch" zu einer Geschäftemacherei zusammengerührt werden, welche auch noch mit dem Attribut "sozial" versehen wird, das ist dumm und zynisch.
Es ist wahr, daß die Durchschnittsrente wie auch die Durchschnittsgehälter von Frauen in diesem Lande zu niedrig und immer niedriger als die entsprechenden Bezüge der Männer sind, aber dann sich mit zu brüsten, man schaffe eine behütende Atmosphäre für arme sozial schwache alte Frauen, das ist für mich einfach kaltherzige Verlogenheit.
Aber vielleicht ist solches sozialpolitische Engagement das Ergebnis von gefühlten hundert Jahren Kohl-CDU-Merkel-FDP-Regierung.
Setzen wir noch eins drauf (Achtung Ironie /Zynismus an) : Sachen von MyOma kaufen, und die eigene Oma, die wahrscheinlich auch mal stricken gelernt hat, vergessen. Ironie aus.
Sowohl meine Schwiegermutter (67), als auch meine Tante (86) stricken beide, aber haben noch genug anderes zu tun, als nur über das Stricken am Leben teilzunehmen. Meine Schwiegermutter strickt für sich, für ihren Mann und natürlich ihr Enkelkind, meine Tante strickt für den Weihnachtsbazar des Hospizes. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass die Omas (und auch ein Opa!) von MyOma das nicht nur aus finanziellen gründen tun…