Craftista! Handarbeit als Aktivismus
Critical Crafting Circle (Herausgeber)
Was ein Quatsch! Da haben die Frauenrechtlerinnen und Suffragetten ihr Leben riskiert für die Frauenrechte, da haben wir in den 60ern und 70ern die BHs ausgezogen um uns nicht länger einengen zu lassen. Die Scham ist seitdem vorbei und dann kommt da so eine Häkeltruppe, ach sorry, Gender Scientists, an und will uns einreden, daß sogar Feministinnen sich nicht mehr schämen müssen. Da wollen sie unsere Siege jetzt mit der Häkel- und Stricknadel vereinnahmen.
Liebe Damen und Herren, es gibt Wichtigeres als sich mit Handarbeiten zu emanzipieren! Vielleicht mal was von Minijobs, Familienpolitik, Gleichberechtigung gehört?
Schon mal über die Rechte der Frau in der Welt nachgedacht, Klitorisbeschneidungen, Zwangsheiraten, Ehrenmorde, Autofahrverbot??????
Da liegt noch viel im Argen, aber nein, Ihr kämpft mit der Häkelnadel.
Solange Ihr mit solchem Pipifax argumentiert, werdet Ihr nie Gleichberechtigung erreichen.
Mir scheint, diese Generation hat sämtliche politische Verankerung verloren, das Leben ist ein Ponyhof oder eben ein Stricktreff.
Das ist der Werbetext für dieses Pamphlet:
Selbst Feministinnen müssen sich für Handarbeit nicht mehr schämen: Die Crafts-Bewegung hält coole Gegenmode zur Sweatshop-Massenware bereit. Unter dem Motto »Not Your Grannys Craft« wird vor allem in den USA seit einigen Jahren wieder zu Nadel und Faden gegriffen. Es geht darum, eine Alternative zu den Mode-Monopolisten zu schaffen. Lange Zeit galten Handarbeiten aller Art als reaktionär und wurden mit Stereotypen von »Weiblichkeit« assoziiert. Damit ist nun Schluss. Genau diese Stereotypen werden von den Craft-AktivistInnen vielmehr zum Thema gemacht.
Was zeichnet die aktuellen Ansätze im Bereich der DIY-Kultur in Kunst, Design und Aktivismus aus? Wie vereinbaren sich Handarbeit und Feminismus? Welche Rolle kommt dem Internet als Vertriebs- und Kommunikationsnetz zu? Können damit Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse umgekrempelt werden?
Diesen und zahlreichen anderen Fragen geht der Reader nach, der nicht nur einen Überblick über die jüngere Crafts-Bewegung mit zahlreichen Tipps gibt, sondern der auch praktische Handlungsanleitungen enthält. Denn nach wie vor gilt: Werde selbst aktiv! Der Critical Crafting Circle wurde von Elisabeth Freiß, Elke Gaugele, Elke Zobl, Sonja Eismann und Verena Kuni gegründet. Als Theoretikerinnen und Praktikerinnen, die sich wissenschaftlich und künstlerisch mit dem Spannungsfeld von materiellen und visuellen Kulturen in Geschichte und Gegenwart beschäftigen, erforschen sie die Rolle textiler Techniken, ihrer Politiken und Technologien aus genderkritischer Perspektive.
PS: Dieser Beitrag lag lange schon als Entwurf in meiner Beitragsliste, nun habe ich ihn freigeschaltet.
Und hier noch weitere Infos zu dem Buch:
Broschiert: 254 Seiten
Verlag: Ventil; Auflage: 1., Aufl. (Oktober 2011)
ISBN-10: 3931555607
ISBN-13: 978-3931555603
Ein paar Leute machen bei der Kombination der Themen Feminismus und Handarbeit schon ein Kriegsfeld auf:
http://www.brigitte.de/frauen/stimmen/diy-trend-1216100/?jfPD_device=portable&jfPD_appType=web&jfPD_size=2
Der Artikel hat einige Wellen geschlagen im Web.
Ich bin da ganz bei dir Connie. Manche brauchen ein Feindbild als Antrieb im Leben. Etwas um seiner selbst willen zu tun, ist für manche Menschen schwierig.
Ich zähle mich zu der Generation, die froh ist, über die Rechte, die Frauen vor ihnen erkämpft haben, aber nicht verbissen auf den eingetretenen Pfaden bleiben möchte.
Es bleiben auch in unserer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft genug Ungerechtigkeiten erhalten, denen man kreativ begnen muss, um etwas zu ändern.
Die Frage in einem Bewerbungsgespräch „Können Sie die unüblichen Arbeitszeiten wirklich mit ihrer privaten Situation vereinbaren?“ macht mich auch ein halbes Jahr danach immernoch wütend.
– sie ist fast dreißig, die kriegt bestimmt bald Kinder
– gewerkschaftlich engagiert, das könnte unbequem werden
– ist zuhause in die Pflege eingespannt (einen Tag vor dem Gespräch wurde mein Großvater beerdigt)
Die Diskrminierung geschieht inzwischen verdeckter, man weiß ja, was man nicht mehr sagen darf. Deshalb muss man neue Wege finden, ihr zu begnenen (Menoring, Netzwerken…) Ob Yarn Bombing als Statement daran etwas ändert, bezweifel ich ganz stark.
Trotzdem werkel ich gerne. Einfach, weil ich Spaß dran habe.
Hallo Brin, an den Brigitte-Artikel habe ich gar nicht mehr gedacht, aber ich erinnere mich an den „ShitStorm“ der daraufhin einsetzte…
Tja, wenn man (frau) keine wirklichen Probleme sieht (sehen möchte), dann macht sie halt einen Nebenkriegsschauplatz auf und emanzipiert sich dort. Obs der Allgemeinheit hilft? Ich glaube nicht.
Aber was will man erwarten in einem Land, in dem Gleichberechtigung per Quotenregelung für 30(!) Dax- oder sonstwas-Firmenaufsichtsräte „allumfassend und gerecht“ geregelt wird.
Ich bin immer noch der Meinung, daß auch ich in meinem qualifizierten Software-Beruf weniger verdiente als die männlichen Kollegen (über Gehälter wurde nicht gesprochen, Tarifvertrag gabs nicht…)
Es ist noch viel zu tun, häkeln wir lieber ein bißchen ;=(
Auch Tarifverträge/Besoldungsgesetze helfen nur auf den ersten Blick. Schaut man sich die Personalstrukur z.B. in Kommunen an, gibt es eine gläserne Decke, an die viele Frauen stoßen. Von da an stehen ihnen zwar auf dem Papier weiter alle Möglichkeiten offen, die Realität sieht aber anders aus.
Im Rahmen meines Diploms durfte ich für meinen Arbeitgeber als Nebenprodukt der eigentlichen Arbeit gründlicher herausabeiten, wo diese bei uns ist und nur ein paar Jahre später stoße ich an eben jene.
Das erarbeitete Mentoringkonzept zur Führungsnachwuchskräfteförderung wird umgesetzt, die Teilnehmerschaft ist meines Wissens überwiegend männlich. Zugang zu dem Programm erhält man über die Empfehlung des Vorgesetzten und da hat man bisher die Chance, die sich zur Frauenförderung mit Mentoring bietet, bisher vertan.
Danke für den Artikel!
Ich habe mich als Feministin noch nie beeinträchtigt gefühlt zu handarbeiten. Ich wüsste nicht mal, an welcher Stelle ich mich hätte für mein Hobby schämen oder rechtfertigen müssen. Meine früher leider nicht fotografierten Exponate waren teilweise so schräg, dass man sich sowieso fragte, ob es Gegenstände von Nützlichkeit oder Beispiele für Kunst waren.
Als Leserin und Sammlerin feministischer Lektüre habe ich auch noch nirgends gelesen, dass Handarbeiten der feministischen Einstellung entgegen stehe.
Was sind das für Leute, die sich rechtfertigen müssen? Zugegeben: ich habe das Buch noch nicht gelesen und kann daher kein Urteil abgeben. Auf den ersten unreflektierten Blick scheint es, als seien die Craftlerinnen (vermeintlichen) Angriffen ausgesetzt gewesen, die ihnen die Emanzipation (wovon? Gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit?) absprechen. Wie du schreibst: es gibt Wichtigeres.
Gott sei Dank war ich immer dagegen gefeit, mir von Ayatollahs (gibt es eine weibliche Form?) vorschreiben zu lassen, welches der „richtige“ Feminismus ist.
Mir scheint auch: die Legitimation für das Recht auf ein (vermeintlich hauptsächlich weibliches) Hobby entspringt einem Mangel an Selbstbewusstsein für das eigene Handeln. Ja, Selbstbewusstsein stößt nicht immer auf Sympathie; wer lieber beliebt sein will als selbstbewusst, muss meist mit Gegenwind rechnen, erzielt jedoch oft mehr Respekt.
Wer glaubt, Feminismus schließe irgendetwas aus, wie das Recht auf feminine Handarbeiten, hat ihn nicht verstanden – nicht ansatzweise.
Ich glaube gar nicht, daß diese Damen irgendwelchen Angriffen ausgesetzt sind und sich deshalb glauben rechtfertigen zu müssen.
Ich glaube eher, daß sie sich einen vermeintlichen Feind suchen und auf diesen einschlagen, denn was wäre eine „Kämpferin“ (wenn auch auf recht abseitigem „Kampf-Gebiet“) ohne Feind ;=)
Wie du schreibst, ein befreiter Mensch kann tun was er möchte und muß sich nicht rechtfertigen und wehren, sondern tut.
Hab nen guten Tag!
Connie