Einen Blog zu schreiben, dafür gibt es viele Gründe. Ich wollte neben meinen anderen Blogs, in denen ich mehr oder minder regelmässig schrieb, auch einen Blog für meine Strick-Begeisterung führen und als mir das Wort Wockensolle von den Lippen kam und ich es als glorreiches Anagramm erkannte, legte ich los. Ich hatte aber nicht erwartet, daß dieser Blog mein langlebigster würde. Die Einschaltverweigerung hält sich schon lange, mein Avantart - Lesebuch habe ich sträflich vernachlässigt und meine Buchbestattung ist nach Aufgabe des Domainnamens wohl von einer Linkfarm für Mikrowellentests einverleibt worden, aus welchen Verdiensterzielungsgründen auch immer.
Am 11. Januar 2013 schrieb ich den ersten Beitrag auf der Wockensolle und seitdem habe ich 629 Beiträge veröffentlicht, das ist schon was, hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich bin stolz darauf, daß mir nach nunmehr 4 Jahren immer noch was zum Schreiben und Berichten einfällt...
Wer mich kennt, weiß, daß ich nicht nach Rekordzahlen giere, daß es mir nicht auf die Anzahl der Hits und der Kommentare ankommt. Die Kommentare zu meinen Beiträgen sind immer interessant, freundlich und konstruktiv, das tut mir gut. Und statt der Zahl der Seitenaufrufe freut mich eher die Zahl der Kontakte / Freundschaften / Begegnungen, die sich durch meinen Blog und meine Strick-Erlebnisse ergeben haben oder noch ergeben werden.
Immer wieder bekomme ich Zuschriften von mir noch unbekannten Blog-Leserinnen, die mir mitteilen, daß ihnen meine Seite, meine Themen, meine Reiseberichte gefallen, daß sie über vertiefende Informationen zu einigen Beiträgen verfügen oder einen Rat erfragen. Das finde ich wunderbar.
Und solch eine überraschende Zuschrift erhielt ich letzte Woche. Aus Zittau kam die Mail:
... ich lese gelegentlich und sehr gerne Ihren Blog! Beim letzten Eintrag fiel mir ein, daß ich ein kleines Büchlein besitze das sicher gut in Ihre Sammlung passen würde, wenn Sie es nicht schon haben, möchte ich es Ihnen gerne schenken! Wenn Sie mir Ihre Anschrift mitteilen kann ich es in den nächsten Tagen schicken. Viele Grüße aus Zittau ...
nein, dieses Buch kannte ich noch nicht und so habe ich der Absenderin erfreut geantwortet.
Nun habe ich das Buch in meiner Sammlung:
Dieses Buch, 1981 in der Reihe "Tallin Perioodika" erschienen, herausgegeben vom Staatlichen Ethnographiemuseum der Estnischen SSR, und 1981 ins Deutsche übersetzt, gibt auf 109 Seiten die Unterhaltungen des Autors, Vladimir Karlovich Meister, mit Aleksei Peterson, dem damaligen Direktor des ERM, wieder.
Interessant ist, wie das Impressum von russisch / kyrillisch zu estnisch / lateinisch wechselt. Das Büchlein erschien in einer Auflage (Trükiarv) von 2000 Stück und kostete damals 1,40 Rubel!
Zurück zum Inhalt:
Das Gespräch dreht sich um das Museum und die estnische Ethnographie im Besonderen und Allgemeinen.
Heute, mit einem 40-Jahre-Abstand, liest sich manches ungewohnt, besser "nicht mehr gewohnt". Der Internationalismus mit Ausrichtung auf die UdSSR ist der Zeit geschuldet, die Ausbildung der Ethnographen erfolgte im sowjetischen Bildungssystem und die Forschungsgebiete umfassen die baltischen Sowjetstaaten und die finno-ugrische Kultur. Manche Institutionen existieren nicht mehr, oder wurden umbenannt.
Ein Ausschnitt aus der Unterhaltung, in dem sehr bemüht ein Zusammenhang zwischen Ethnographie und sozialistischem Diktus gesucht wird:
Im Gespräch wird die Eigenständigkeit der estnischen Kultur vorgestellt, aber auch ihre Nähe zu den Nachbar-Kulturen.
Das ist ein Gedanke, der gerade ausgezeichnet zu meinem Bemühen, bei Ravelry das regional/ethnische Attribut "litauisch" endlich einzuführen, paßt. Denn das Besondere einer Kultur gerade im Blick auf die umgebenden Kulturen darf nicht im Allgemeinen untergehen, es ist meiner Auffassung nach auch die Aufgabe des Ethnographen, gerade das Besondere, die Unterschiede herauszuarbeiten und nicht alles über eine Elle zu messen.
Zurück zum Buch, und auch wieder ein Bild zur Abwechslung:
Auf jeder Seite sind Gegenstände des Museums abgebildet, aus der Alltagskultur wie auch aus der Hochkultur, aus den verschiedenen Zeiten und Epochen, auch Stricksachen sind dabei ebenso wie Möbel oder Schmuck, Hauben aus Saarema oder Strümpfe von der Insel Kihnu...
Dieses kleine Büchlein hat jetzt seinen Platz in der estnischen Abteilung meines Strickbücher-Regals gefunden, und ich freue mich darüber. Vielen Dank, Andrea!