Flachsblüte

Die Ausstellung "Else Mögelin - Bauhaus und Spiritualität in Pommern" im Nationalmuseum Stettin, ging am 7. Juli zu Ende und ich  war somit am letzten Tag der Ausstellung "vor Ort".
Ich hatte soviel Begeisterung über diese Ausstellung, über die Arbeiten der Künstlerin, die am Bauhaus ausgebildet worden war und viel für die Textilkunst in Pommern getan hatte, gehört daß ich mir die Werke natürlich unbedingt ansehen musste.
Die Ausstellung war nicht sehr groß, zwei Räume, aber sie gab einen guten Überblick über Mögelins Werk, über ihre Malerei und ihre Textilarbeit,

Mich interessierten, das verwundert ja sicherlich nicht, die Textilarbeiten, ihre Webereien oder die Entwürfe dazu. Besonders interessant war es, nicht nur einen Wandteppich, sondern auch die Vorlage, das Bild dazu, betrachten zu können.

ein Klick aufs Bild öffnet es in größerer Ansicht

Der Ausstellungs-Katalog war rechtzeitig zur Ausstellung erschienen und ich habe gleich einige Exemplare erstanden. Es soll ja Weberei-Begeisterte und Textil-Interessierte in meinem Umfeld geben …
Auf der Webseite des Museums wird der Katalog vorgestellt und einen Link zum Shop findet sich auch, sodaß man ihn leicht bestellen kann.

Ich möchte hier gerne aus dem Text von Szymon Piotr Kubiak, PhD, auf der dortigen Seite zitieren, um Elise Mögelins Wirken und Bedeutung aufzuzeigen:

Else Mögelin war eine der bedeutendsten Künstlerinnen im Zusammenhang mit dem Stettin der Zwischenkriegszeit.

Als Absolventin des schon damals berühmten Bauhauses brachte sie innovative kreative und didaktische Methoden nach Pommern. Von 1927 bis 1942 leitete sie das Textilatelier an der Städtischen Handwerks- und Kunstschule Stettin, die 1930 in Praktische Schule für Designarbeit umbenannt wurde. Diese Schule arbeitete eng mit dem Städtischen Museum unter der Leitung von Walter Riezler zusammen, der immer wieder die Leistungen ihrer Dozenten und Studenten präsentierte und moderne Kunstströmungen förderte. Die aktuelle Ausstellung bringt die Werke Mögelins und ihres Kreises im selben Gebäude wieder zusammen, wenn auch zum ersten Mal für ein breites polnisches Publikum. Von jugendlichen Experimenten in der Abstraktion bis hin zu den folkloristischen Stilen der reifen oder späten Jahre: Weberei, Malerei und Druckgrafik spiegeln eine konstante Faszination für die Natur und das Bedürfnis nach geistiger Entwicklung in einer sich verändernden Landschaft und politischen Situation wider.

Die Ausstellung vereint mehr als 100 Objekte verschiedener Medien und Techniken aus institutionellen und privaten Sammlungen. Fast alle Werke werden zum ersten Mal in Polen gezeigt, einige von ihnen sind eine internationale Premiere. Mögelins Werk wird im Kontext von Arbeiten u.a. von Friedrich Bernhardt, Theodor Bogler, Egon Engelien, Otto Lindig, Kurt Schwerdtfeger, Lotte Usadel, Wilhelm Wagenfeld und Vincent Weber gezeigt.

MNS|EMP-388 - das ist nicht irgendeine Archivnummer, das ist die Archivnummer einer Pottmütze im Bestand des Historischen Museums Stettin, welches zum Nationalmuseum Stettin gehört.
Im Februar dieses Jahres war ich ja mit Dorota Makrutzki, Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg der Bundesrepublik Deutschland im Pommerschen Landesmuseum, zu Besuch bei Frau Iwona Karwowska und ihrem Team.
Frau Karwowska stellte uns einige der pommerschen Trachtenstücke und auch einige Fischerteppiche vor und das hat mich so gefreut, daß ich eine der zwei Pottmützen, die ich mitgebracht hatte, dem Museum schenkte.

Archivnummer der Pottmütze im Historischen Museum Stettin

Und nun ist diese Pottmütze Bestandteil der Ausstellung ""Aus der alten Truhe. Alte Trachten aus Pommern" und das macht mich stolz.
Es ist ein eigenartiges Empfinden, die eigene Arbeit im Kontext einer Ausstellung in einem Museum zu sehen!

wie immer: für eine größere Darstellung auf ein Bild klicken!

Die  Ausstellung zeigt die Trachten der Bewohner anhand von Archivfotografien, vergrößerten Trachtenzeichnungen und erhaltenen Kleidungsstücken, geordnet nach den pommerschen Trachtengebieten Pyrzyce / Weizacker, Jamno / Jamund und Rugia / Rügen. Einzelne wunderhübsche Festtags-Hauben sind in Vitrinen ausgestellt, die den Reichtum der Bauern des Weizacker-Gebietes beleen, und einige Photografie zeigen wertvolle Accessoires der Pyritzer Tracht, gestrickte Handschuhe und Strümpfe, reich bestickt. Im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald kann man auch solch einen schönen roten Strumpf sehen.

Abbildung besticktee Pyritzer Handschuhe
Most: Weizacker Frauentracht

August Ludwig Most (Genre- und Vedutenmaler des Biedermeier): Frauentracht aus dem Weizacker

Abbildung roter bestickter Strümpfe aus Weizacker

Bestickte rote Strümpfe aus dem Weizacker-Gebiet, die ebenso wie die zahlreichen übereinander getragenen Frauen-Röcke vom Reichtum der Bauern zeugen. Die Stickerei sitzt auf der Außenseite der Strümpfe, beginnt auf der Wade und geht fast bis zur Zehenspitze.
Strümpfe mit ähnlicher Façon habe ich auch in Estland und in einem Buch über die Tracht der Wolgadeutschen in Russland gefunden.

bestickte Frauenstrümpfe aus Weizacker

Fritz Adler: Deutsche Volkskunst: Pommern Band 11 von Deutsche Volkskunst, Edwin Redslob, 1923
Diese schönen Strümpfe sind leider nur in SchwarzWeiß abgebildet

Es gab wohl etliche Exemplare dieser schönen Strümpfe, aber durch die Wirren der Zeit sind nicht mehr viele erhalten. Umso wertvoller sind sie.

Die Ausstellung "Aus der alten Truhe: Alte pommersche Trachten" ist noch bis zum 8. September 2024 im National Museum in Szczecin — Historisches Museum Szczecin, Księcia Mściwoja II 8, zu sehen.
Leider gibt es keine weiteren Informationen, keinen Katalog, nur den Text auf der Webseite und ein kleiner Aushang am Eingang des Museums im alten Rathaus Stettins - schade.

Über die Ausstellung "Else Mögelin - Bauhaus und Spiritualität in Pommern" im Nationalmuseum Stettin, Wały Chrobrego 3 / Hakenterrasse, , die am 7. Juli zu Ende ging, berichte ich im nächsten Beitrag.

Aus gutem Grund (oder besser Vorahnung) hatte ich ja für dieses Jahr 2024 keine Sommer-Reise geplant, auch wenn ich jetzt etwas traurig an meine Freundinnen denke, die beim Nordic Knitting Symposium in Kimito dabei sind und anschließend weiter herumreisen oder zum Craft Camp in Viljandi anreisen.
Aber es hat auch sein Gutes, daß ich zuhause geblieben bin, mal wieder ein Sommer zuhause, frühstücken auf der Terrasse, in das Grüne schauen und den Katzen zuschauen, das tut mir gut.

ABer so ganz immun bin ich doch nicht! Manche Ortswechsel müssen einfach sein: In Tallinn geht am 1. Juli die wunderschöne Ausstellung mit den Arbeiten des renommieren "Kudujate Koopia Klubi" zu Ende, dieses Mal haben die wackeren Strickerinnen Modelle aus dem wunderbaren (aber noch nicht auf Englisch herausgegebenen) "Ruhnu-Buch" gearbeitet.
Ich habe ja schon mehrfach hier auf der Wockensolle über Ruhnu berichtet, die wunderbare Stricktradition, die schöne Insel, die mitunter beschwerliche Anreise dorthin... und nun geht die Ausstellung im "Estnischen Handarbeits-Haus /
Eesti Käsitöö Maja" in Tallinn zuende, ich muss sie sehen! Also reise ich für 2 Tage nach Tallinn, ergötze mich an den Ausstellungsstücken, treffe mich mit Riina Tomberg und freue mich.

Anu Pink hat viele Jahre an diesem Buch gearbeitet und die Anleitungen zusammengetragen, die Aufnahmen im Buch wurden auf der Insel Ruhnu geschossen und da bin ich natürlich gespannt, denn ich werde bestimmt etliche Örtlichkeiten wiedererkennen,
Und wie ich mich kenne, kann ich nicht auf das Erscheinen der englischen Ausgabe warten und kaufe mir doch schon mal die estnische Ausgabe!

Ruhnu Book

Und was gabs noch?

Am letzten Sonntag nahm ich am Netzwerktreffen zum Thema "Tracht und Traditionelle Textilien" im Burgmuseum in Plau am See teil. EIn interessantes Treffen und wieder neue Anregungen, ich habe dann doch, obwohl ich erst nicht zugesagt hatte, eine kurze Präsentation gegeben.

Wann haben Sie eigentlich zuletzt jemanden in regionaler Tracht gesehen?

Trachten bringen schon immer das Charakteristische und Spezifische einer bestimmten Landschaft und Region zum Ausdruck. Daher zeigen sich, trotz ihrer auf den ersten Blick scheinbaren Uniformität, bei genauerem Hinsehen doch immer auch regionale und lokale Unterschiede ebenso wie individueller Gestaltungswille und Kreativität. Farben, Schnitte und Muster signalisierten Zusammen- und Zugehörigkeit.

Sich mit Trachten zu beschäftigen, sie nachzuarbeiten, die traditionellen Techniken ihrer Herstellung versuchen zu verstehen, geschieht daher nicht allein aus bloßem historischen Interesse, es war und ist immer auch Ausdruck von Heimatverbundenheit. Nach wie vor gibt es ein ungebrochenes Interesse an lebendiger Trachtenpflege in unserem Land. Davon zeugen nicht nur die zahlreichen Trachten- und Heimatvereine. Auch immer mehr junge Menschen interessieren sich wieder für traditionelle Techniken der Textilherstellung, für alte Schnitte und Muster, um sie – kombiniert mit neuen, zeittypischen Ideen – wiederzubeleben und das tradierte Wissen zu erhalten.

Ein am 23. Juni 2024 im mecklenburgischen Plau am See geplantes Netzwerktreffen, zu dem der Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Tanzverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. einladen, richtet sich daher sowohl an Fachleute in Museen mit Sammlungen von historischen Trachten, als auch an die Mitglieder des Arbeitskreises „Traditionelle Textilien“ des Heimatverbandes Mecklenburg-Vorpommern e.V., die sich z. B. für die Strickanleitung der „Mönchguter Pottmütz“ und – aktuell - für die Schönberger Trachtenstrümpfe eingesetzt haben. Ebenso richtet es sich an die Mitglieder des Arbeitskreises „Brauchtum und Trachten“ des Tanzverbandes MV wie überhaupt an die gesamte, am Thema „Tracht“ interessierte Öffentlichkeit.

Wir freuen uns darum besonders, als Referentin und Spezialistin für diese Thematik Frau Dr. Heike Müns gewonnen zu haben, die uns mit ihrem Vortrag „Alte Bräuche und Trachten mit neuen Augen sehen“ den Blick für die Thematik weiten will. Anke Holst wird uns ihr Projekt „#Olltopie – Textilgestaltung und regionale Bildersprache“ präsentieren und Kerstin Kaßner-Kebelmann als Mitglied des Plauer Heimatvereins e.V. stellt anhand der von Wilhelm Wandschneider (1866-1942) geschaffenen Skulptur „Mecklenburger Paar“ (1929) eine zeittypische Tracht des 19. Jahrhunderts vor.

Daneben wird es ausreichend Zeit für Gespräche geben. Das Plauer Museum stellt freundlicherweise seine Räumlichkeiten für das Treffen zur Verfügung.

Die Veranstaltung wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern und unterstützt durch Kultur Land MV, ebenfalls finanziert aus Mitteln des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Und was kommt noch?

  • Nun, für die Sommerferien haben einige Mitglieder des Arbeitskreises "Traditionelle Textilien" des Heimatverbandes MV eine Veranstaltungsreihe in der Remise des Runge-Hauses in Wolgast geplant. Jeden Samstag ein anderes Thema: Wolle färben, Stricken für Kinder, Seife filzen, Sockenferse stricken... ein Angebot für junge und nicht mehr junge Strickerinnen.
  • Bis zum 8. September ist im Nationalmuseum Stettin die Ausstellung "Aus der alten Truhe. Alte Trachten aus Pommern" zu sehen,kuratiert von Iwona Karwowska. Auf diese Ausstellung freue ich mich ganz besonders, war ich doch im Frühjahr mit Dorota Makrutzki, Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg der Bundesrepublik Deutschland im Pommerschen Landesmuseum, zu Besuch bei Frau Karwoska und ihrem Team. Wir haben einige der pommerschen Trachtenstücke und auch einige Fischerteppiche gesehen und besprochen und ich habe dem Museum eine Pottmütze geschenkt.
  • am 30.08. und 1.08, findet in der Philharmonie Stettin das 9. Turnier der wahren Musiker statt, das neben dem Musikalischen sich auch anderen Aspekten der Tradition widmet. Da wäre ich gerne dabei!
    So gibt es

    • a, 30.08. eine Einführung in das regionale Erbe Westpommerns:

      Workshop mit Maria Witek und Waldemar Witek über die Geschichte, Kultur und Traditionen von Westpommern, bei dem die Teilnehmer den Reichtum des kulturellen Erbes entdecken und Kompetenzen zum Schutz und zur Förderung dieses Erbes erwerben können.

    • am 31.08, einen Workshop zum Thema "Feldforschung"

      Der Workshop unter der Leitung von Ewa Grochowska vermittelt Wissen über die Planung und Durchführung von Feldforschungen, insbesondere zur Erkundung des immateriellen lokalen Erbes, hauptsächlich in Form von Traditionen und mündlichen Überlieferungen (Lieder, Erzählungen und lokale Geschichten) sowie soziokulturellen Praktiken (Bräuche, Rituale und Riten).

Das werden interessante Treffen und Veranstaltungen!