Seit dem Besuch im Schönberger Volkskundemuseum habe ich mich neugierig und intensiv mit dem Biedermeier beschäftigt, der Zeitspanne (ca. 1815 bis 1848), in der die Strümpfe und Musterstreifen entstanden sind.
Und ich habe mir vorgenommen, den Musterstreifens von 1824 nachzuarbeiten und bin dabei schon recht gut vorangekommen.
- ich hatte im Museum alle einzelnen Muster des Streifens fotografiert, Vorder- und Rückseite
- diese Muster versuche ich nun zu identifizieren: manche sind recht einfach und leicht nachzustricken, manche erscheinen erst recht komplex sind aber einfach zu stricken - ich habe alle Musterbücher gewälzt, die ich im Regal stehen habe oder die ich in die Finger bekam
- die Muster dann erstmal mit irgendeinem Wollrest nachstricken, und wenn es hinkommt, dann den "Teststreifen" um dieses Muster ergänzen
- die Musterzeichnung mit Stitchmastery erstellen und pro Muster ein "Datenblatt" mit Foto, Musterzeichnung und Notizen erstellen
- ich habe verschieden feine Baumwollgarne gekauft, aber noch nicht angestrickt
- wenn ich so alle Muster des Streifens rekonstruiert habe (mehr als 30!), werde ich alles mit dem feinen Baumwollgarn "ins Reine stricken"
- und die Notizen zusammenfassen
Musterstreifen aus dem Jahr 1824, Bild von der Seite https://www.museen-sh.de
Direkt nach meiner Rückkehr aus Schönberg habe ich mir das bekannteste Anleitungsbuch aus dieser Zeit, Anweisung zur Kunst-Strickerei. Eine Sammlung von den leichtesten bis zu den schwierigsten Arbeiten ohne Anderer Beihülfe allein ausführen zu können, von Charlotte Leander spendiert. Die gebundene Ausgabe umfaßt 10 der insgesamt 14 erschienenen Bände und einige der darin enthaltenen Hefte kann man mit viel Glück als Digisat in Online-Bibliotheken finden.
Das erste Heft steht auf dem Publikationsserver der Unibibliothek der Goethe-Universität Frankfurt als PDF zum Download bereit.
Die Autorin war sehr praktisch veranlagt, das Büchlein paßt in jeden Strickbeutel!
ein Beispiel aus dem Band 124 der schönsten ausgewählten Strickmuster aus alter u. neuer Zeit aus dem Jahre 1948, zusammengestellt von Gerda Dörr
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Die Anleitungen in diesem Buch sind nur geschrieben, einige wenige, den Anleitungen schwer zuordnenbare Illustrationen gibt es zwar, aber wir verwöhnten modernen Strickerinnen brauchen schon arg viel Phantasie um sich für eines der Muster zu entscheiden. Denn erst wenn man es gestrickt hat sieht man was es sein könnte... und die Namen der Anleitungen, wie beispielsweise der Schuppenrand geben oft nur vage Hinweise...
Nun gibt es zwar etliche Mustersammlungen aus neuerer Zeit, in denen ich Muster "meines" Streifens fand, wie zum Beispiel die drei Bände Bäuerliches Stricken, die Liesl Fanderl zusammengestellt hat. Erika Eichenseer hat zusammen mit Erika Grill das doch recht bekannte Buch Omas Strickgeheimnisse verfasst, Evelyn Gillmeister-Geisenhof veröffentlichte viele schöne Bücher bei der Trachtenforschungs- und -beratungsstelle des Bezirks Mittelfranken, ,
aber auch diese Bücher erfordern Einarbeitung: die verwendeten Strickschriften sind uns doch sehr ungewohnt. Zum Glück liegen den Büchern oft Karten mit den Symbolerklärungen bei, aber ganz einfach ist es nicht..
Immer wieder bin ich auf die Suche gegangen, habe nach alten Büchern aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geforscht und bin auch fündig geworden, sowohl digital als auch analog... Namen wie Charlotte Leander, Juliane Pauker, Nanette Höflich wurden mir mehr und mehr vertraut, eine Autorin heißt sogar mit Nachnamen Wolle! (Marianne Wolle, Sammlung der neuesten, schönsten und elegantesten Touren zu Strümpfen, zu finden bei Google Books)
Und dann fand ich ein Büchlein einer Autorin, die mir bis dato unbekannt geblieben war: Antonia Kutschera veröffentlichte 1843 in Prag das Bändchen (ebenfalls im Strickbeutelformat) Neue Strickmuster welche sich zu Chemisetten, Krägen und Röcken statt Spitzen, als Ränder zu Strümpfen und als Einsätze bei Ueberzügen eignen und das habe ich auch gleich bestellt.
Weil ich ein Glückspilz bin, fand ich beim ersten Durchblättern auch noch ein wunderzartes kleines Spitzengestrick! Wie alt mag es wohl sein? Wer hat es gestrickt?
Auch Bestellung und Lieferung waren eine Freude, und deshalb empfehle ich hier das Chiemgauer Internet Antiquariat ohne Wenn und Aber