Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Nicht alle guten Vorsätze werden auch umgesetzt - und so bin ich mit meinen Berichten immer noch in Verzug. Aber es war auch zu heiß, wie soll man einen klarenGedanken fassen können bei 34° im Schatten? 

Heinz veranstaltete zwei Jazz-Abende im und mit dem Kunstverein Heringsdorf und so hatten wir auch Übernachtungsgäste; lange Abende auf der Terrasse und morgens schlecht aus den Federn kommen - Gespräche, Ausflüge, Katzenfreude - es war schön, aber wie gesagt, manche Vorhaben rücken dann in die zweite Reihe.

Willi Kellers, Heinz-Erich Gödecke, Christoph Winckel und Alan Tomlinson - Konzert in Heringsdorf

Nun also der Freitag, der 29. Juni, der vorletzte Tag des Symposiums. Morgens kurze Workshops und nach dem Mittagessen Fahrt nach Heimtali, in das dortige Museum und zu weiteren Vergnügen. 

Ich hatte großes Glück, denn ich hatte einen Platz in Anu Randmaas Workshop Inlay and knitted fringes ergattert, Was hier im Englischen als Inlay benannt wird, ist die estnische Technik Roosituud: man strickt das kontrastfarbene Garn nicht ein, sondern legt es vor die Maschen.... eine leichte Technik, wunderschön und farbenfroh. Die Technik ist so einfach, daß sie beim Craft Camp nie ins Curriculum aufgenommen wurde (das kann doch eh jeder...); nun, die Esten vielleicht, wir Nicht-Esten müssen das erst noch lernen.

Und ich wollte das immer schon lernen, und ich habe noch die Hoffnung, daß es bei einem der nächsten Craft Camps doch angeboten wird.

Im Netz habe ich eine kurze Beschreibung, ein Kurz-Tutorial,  dieser Technik gefunden, in Spillyjane's Blog:

Roositud

A quick note on the technique: Roositud is an Estonian inlay technique where stitches are wrapped (not knit) with contrasting yarn to create a patterned effect. The result looks like embroidery, but it done as the object (usually a mitten or a sock) is being worked. In this respect it’s preferable to embroidery since one doesn’t have to worry about sewing in tight places (say, a mitten tip or the end of a thumb.) It’s also one of the best instant-gratification techniques I’ve come across, since one can watch the pattern grow as the object does.

Nicht nur Roositud, auch das EInarbeiten von Schlaufen, nicht nachträglich eingenäht, sondern gleich mitgestrickt, lernten wir.

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Das Einarbeiten der Fäden vor der Nadel ist nicht schwierig und manchmal machen wir es uns auch viel zu schwer. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wie ich denn den Faden, nachdem ich ihn von rechts nach links vor die Maschen gelegt und nach hinten gebracht habe, in der nächsten Runde wieder nach rechts bekomme (bekanntlich strickt man ja meistens von rechts nach links...).

Das ist unglaublich einfach: in der nächsten Runde legt man den Faden einfach wieder vor die zu strickenden Maschen, aber diesmal von links nach rechts, bringt den Faden nach hinten und strickt weiter.

Zu beachten ist nur, daß fast jedes Muster-Element mit einem eigenen Faden gestrickt wird, es gibt also nachher viele Fadenenden, die eingewebt werden müssen.

So ordentlich sieht es in meinem Strickstück (noch) nicht aus... dazu braucht es Übung

Die kleine rote Linie zeigt, wo die Schlaufen eingestrickt wurden, wichtig ist, daß die Spannung gleichmässig ist!

Und das ist das Ergebnis des Workshops: ein kleines Nadelkissen, ganz konventionell mit hell- und dunkelroten Schlaufen gestrickt.

Maija war da mutiger, ihre Arbeit ist schön bunt!

Der Workshop wurde geleitet von Anu Randmaa, Leiterin der Volkstrachten-Abteilung der Estnischen Volkskunst- und Kunsthandwerks-Union und Trachten-Meisterin aus Töstamaa.

Letztes Jahr habe ich mir das schöne, von ihr mitverfasste Buch über die Trachten aus der Pärnu-Region gekauft, nun konnte ich sie kennenlernen und von ihr lernen.

Das Buch gibt es u.a. bei Saara.ee

Ich habe ja schon mehrfach über das schöne Museum in  Heimtali berichtet, denn das Craft Camp veranstaltet jedes Jahr ebenfalls Ausflüge dorthin, in das Museum und auf Anu Rauds Hof, in ihr Atelier. Anu Raud ist Textilkünstlerin, Lehrerin, Sammlerin - eine starke Frau mit einem großen Lebenswerk (das auch gerade im Estnischen Nationalmuseum mit einer Personal-Ausstellung gewürdigt wird).

Aber über den Nachmittag in Heimtali berichte ich im nächsten Beitrag.

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