Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Der RBB (Radio Berlin-Brandenburg) brachte gestern eine Dokumentation zum Thema "Die große Woll-Lust" in seinem dritten Programm. Wie so oft, war das mal wieder eine bunte Mischung: da wurden Pfosten-Stricker, Woll-Laden-Inhaber, Woll-Süchtige gezeigt.

Die rbb Reporter begleiten Menschen aus Berlin und Brandenburg, für die Stricken eine Sucht und Wolle alles ist - wie bei Nina. Ihr Leben verläuft im Wollrausch.

Am besten. mir am sympathischsten,  kam der strickende, plattenauflegende Woll-Verkäufer Sascha rüber, unaufgeregt und nett. Und die Frau vom Strick-Café hatte eine Engelsgeduld. Aber sonst?

Wie üblich werden wieder hilflose Leute gezeigt, die stolz sind, wenn sie drei Maschen auf einen Sushi-Spieß bekommen, die äußerst beredt vorzeigen wie sie mit Riesennadeln in gepflegtem Yuppie-Ambiente  häßliche Strickwürste produzieren oder buntes Acrylgarn um die hilflosen Baum-Stämme wickeln,  Das kennen wir ja alle schon.

Auf die Nerven ging mir die aufgebrachte, dicke Strick-Schraube, die mit überkandideltem Getue  meinte, die Aussage der Sendung: Niemand schämt sich mehr: Stricken in der Öffentlichkeit ist sexy. könne ihr irgendwie weiterhelfen. Das war nur noch peinlich. Wie sie ihre Strickgefährtin vor gespielter Wiedersehensfreue fast erdrückt oder mit einem hässlichen Tuch (wieder mal Farbverlauf PLUS Muster) bei Ikea durch die Kantine watschelt, nein, das gefällt mir nicht.
DIese Frau wurde vorgeführt, oder führte sich selbst vor.

Eigentlich ist das Strickleben doch ganz anders, hat viel mehr zu bieten. Und es wird langsam mal an der Zeit, daß  nicht nur hilflose Selbstdarsteller dem Fremdschämen ausgeliefert werden, man kann das Thema auch mit mehr Respekt und Kenntnis behandeln.

Wer den ganzen Streifen ansehen möchte: in der RBB-Mediathek
Und der Begleittext zur Sendung: hier