Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Seit fast 3 Wochen habe ich hier nichts mehr geschrieben und das hat seinen Grund. Ich bin in eine tiefe Traurigkeit versunken. Auf einen Schlag werden alle Ideen, Ziele, Haltungen über Bord geworfen und die Medien, Politiker und sonstnochwer versuchen sich in Kriegsgeschrei zu übertreffen. Der Grünenpolitiker mit den fettigen Haaren verlangt schwere Waffe für die Ukraine ("Keine Waffen in Kriegsgebiete!"), die Außenministerin kündigt an Russland zu ruinieren und gedenkt im Baltikum der "Opfer des Kommunismus" und verschweigt dabei schamlos die Verheerungen und die Opfer, die der deutsche Faschismus in den Ländern angerichtet und gefordert hat, Atomkraft wird wieder hervorgekramt, Fracking Gas aus den USA soll das Heil bringen und und ..

Können die nicht einfach mal innehalten und nachdenken? Ist es nicht möglich, statt blinder Solidarität und Schwarz-Weiß-Denken die politischen Ursachen für die gegenwärtigen Konflikte zu diskutieren? Was hat denn zu diesem schlimmen Krieg geführt? Welche geopolitischen Interessen zermalmen da gerade Europa? Kriegsgeschrei statt Ursachenforschung - die Menschheit lernt einfach nichts.

 

Nie wieder Krieg

Ich möchte nicht daß deutsche Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden, Deutschlang hat genug Unheil angerichtet. Mein Onkel liegt irgendwo auf einem Acker bei Kiew verscharrt, in den Krieg gejagt von Hitlerdeutschland. Reicht das nicht?

Pazifismus ist nicht naiv, wie es jetzt gerne gepredigt wird, Pazifismus rettet uns vor der Vernichtung. Waffen schaffen Probleme aber lösen sie nicht.

 

Mir gehen viele Themen im Kopf herum, Themen, die ich hier auf der Wockensolle vorstellen oder vertiefen möchte, aber dann erscheinen sie mir doch immer wieder zu unbedeutend im Tagesgeschehen. Ich möchte und darf mich und meine Themen aber nicht unterkriegen lassen und deshalb lege ich wieder los!

Riho Toomra aus Tallinn habe ich hier auf der Wockensolle ja schon vorgestellt. Er strickt die beeindruckendsten Kunstdecken und ich sah seine Werke zum ersten Mal in Riga, dann in Tallinn und wir sind in Kontakt. Vor zwei Jahren habe ich für ihn die Grabstätte des Kunststrickers Herbert Niebling in Freiburg gesucht und nun zeigt das Zürcher Museum für Gestaltung vom 6. Mai bis 18. September 2022 im Toni-Areal die Ausstellung Ace of Lace. Riho wird dort 33 seiner Decken zeigen.
"Es war die Grossmutter, die im estnischen Teenager Riho Toomra (*1963) die Passion für das Stricken weckte. Auf der Suche nach neuen Mustern stösst er auf die Strickvorlagen von Herbert Niebling aus den 1930er- bis 1960er-Jahren, in denen Blüten und Blattformen vor netzartigem Hintergrund kunstvoll umgesetzt sind. In rund 45 Jahren hat Toomra rund hundert hochkomplexe Spitzendecken gestrickt, in weissem Garn und mit unfassbar dünnen Nadeln. Seine grössten Strickbilder umfassen über 400 Reihen und erfordern etwa vier bis fünf Monate Arbeit. Toomra treibt die von Herbert Niebling geschaffene Kunstform auf die Spitze, um seine Begeisterung dafür zu teilen. Als «Ace of Lace» findet er im Stricken den geeigneten Ausgleich zu seiner zweiten Leidenschaft – der Metal Music." 

Auf der Rückfahrt von Zürich plant Riho nun einen Besuch auf dem Friedhof in Freiburg, um dem Schöpfer des Kunststrickens, Herbert Niebling, an seiner letzten Ruhestätte zu würdigen.

Ich freue mich, daß die Ausstellung möglich sein wird und lege sie allen, die in bei und um Zürich herum leben oder vorbeikommen, die Ausstellung zu besuchen!

Museum für Gestaltung Zürich
Pfingstweidstrasse 96
8005 Zürich, Schweiz

 

Im Juli und August stehen ja wieder ein CraftCamp in VIljandi und eine Strickwoche in Lettland an und da hatte ich eine etwas spinnerte, aber sicherlich durchführbare Idee: Da eine meiner Reisefreundinnen, Pat, aus den USA nach Europa kommt und die Atlantik-Flüge fast immer auf Island einen Zwischenstopp einlegen, könnten wir uns doch dort treffen, ein wenig Island schnuppern und dann gemeinsam ins Baltikum reisen.
Aber die Verhältnisse und Möglichkeiten lassen das leider nicht zu. Pat kann erst später nach Europa kommen. Und so wird das leider erstmal nichts.

Skotthufa

Das bedeutet aber nicht, daß ich die Idee  nach Island zu reisen aufgegeben hätte. Seit ich die interessante isländische Trachtenmütze gestrickt habe, lässt mich diese Idee nicht mehr los.
Ich studiere Webseiten über das Stricken in Island, lese kulturhistorische Aufsätze, informiere mich über die Island-Sammlung im Museum für Völkerkunde in Hamburg, und trage schon mal einen Termin in meinen Kalender ein:

South Iceland Wool Wekk
vom 2. bis 9. Oktober findet die Ullarvikan 2022 // Wool Week 2022 statt!


Alle Informationen hierzu gibt es auf der Webseite ullarvikan.is und damit sich eine solche Reise auch lohnt, reizt mich der Woolen CIrcle im Süden der Insel sehr! Wolle färben, Wolle schnuppern und hamstern, Landschaft bestaunen, stricken - allein der Gedanke daran hebt meine Stimmung doch wieder ein wenig

Und bis dahin plane ich die Sommerreise und stricke meine Gansey-Jacke "Grace's Cardigan" aus dem Buch von Beth Brown-Reinsel (die übrigens heute Geburtstag feiert).

Einen ersten Gansey-Pullover für meinen Heinz habe ich ja pünktlich zu seinem Geburtstag Anfang April fertigstricken können.

Ich wünsche mir dass mich die Wollfäden aus meiner Traurigkeit holen können, so wie ehemals der Faden der Ariadne half ihren Liebsten vor dem Minotaurus zu retten.

Heinz mit seinem Geburtstags-Gansey