Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Im letzten Beitrag habe ich ja den Zeichentrickfilm "The Last Knit" vorgestellt und bin dann zu dem russischen Film "Ostrov" weitergeschweift. Dabei wollte ich eigentlich den strickenden roten Hering vorstellen, Ashley Dale’s Blog, den ich sehr mag. Dort hatte sie in einem Artikel Filme mit "Strick-Bezug" vorgestellt, was ja auch bei mir hier in der Wockensolle schon ein Thema war.

Fanaa - Im Sturm der Liebe

Fanaa - Im Sturm der Liebe

Nachdem ich mir den Zeichentrickfilm angeschaut hatte, schaute ich mich dann nach Fanaa um, einem Bollywood-Film aus dem Jahr 2006, in dem Liebe, Tanz, Schicksal, Terrorismus, der Kaschmir-Konflikt und auch Stricken vereint (oder vermengt?) sind. In der IMDB war dann als Drehort für die Kaschmir-Szenen Polen genannt, was mich sehr gewundert hat. Früher wurden Bergszenen für Bollywood-Filme meines Wissens gerne in der Schweiz gedreht, aber wahrscheinlich ist diese Location inzwischen wohl zu teuer geworden. Nun denn.
Im Kaschmir zu drehen, scheint wohl aufgrund der politischen Lage unmöglich, zu kriegerisch geht es dort zu, in einer der schönsten Gegenden der Welt.
Interessant bei diesem Film ist aber, daß er nicht nur den Terrorismus im Plot behandelt, er selbst wurde zu einem Politikum. Der Hauptdarsteller Aamir Khan äußerte sich auf der Promotionstour im Bundesstaat Gujarat auch zur Umsiedlungspolitik der dortigen Regierung, die beim Bau des Narmada Damms die Bevölkerung äußerst rücksichtslos vertrieb. Diese Äußerungen führten zu einem inoffiziellen Verbot des Films in diesem Bundesstaat, zu Ausschreitungen und Plakatverbrennungen. Nur ein einziges kleines privates Kino-Theater zeigte diesen Film dann doch, aber nur eine Woche lang. Ein Mann, Pravin Joshi, hatte sich aus Protest gegen diesen FIlm im Kino angezündet und starb dann neun Tage später.

Da geht es in diesen Filmen immer um große Gefühle und Verirrungen, aber die Wirklichkeit übertrifft den Film bei weitem. In Gujarat, dem Geburtsstaat Mahatma Ghandis, mit 60 Millionen Menschen, kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslims, zu sozialen Unruhen, und eben auch zu Einschränkungen der künstlerischen Freiheit. Daß sich ein Mensch wegen der politischen Äußerung eines Schauspielers selbst verbrennt, ist für uns nicht nachvollziehbar, unfaßbar.

Diese Informationen finden sich übrigens nicht im deutschen Beitrag der Wikipedia. Und auch der SPIEGEL schreibt von Verführungskino, aber nichts über die politische Verführung in dem Land.

Zurück zum Stricken in diesem Film. Sucht man bei Youtube nach Fanaa, findet man zahllose Schnippsel, aber immer nur das in meinen Augen und Ohren schmalzige Gesinge und die tragische Schlußszene, in der Zooni ihren Geliebten, der ein Terrorist ist, erschießt. Nur in einem kleinen Ausschnitt (noch dazu in Handy-.Qualität) fand ich die Hauptdarstellerin stricken.

 Ob das die Stelle ist, die Ashley in ihrem Blog zitiert? Wo Rehan die blinde Zooni mit einem Gedicht umwirbt?

I wish I was a skein of wool–
I wish I was a skein of wool wrapped around her fingers
I wish she’d make a sweater out of me,
Wear me, even in the summer.

Ich kann kein Hindi, aber das Wort Sweater meine ich herauszuhören..


Der Film