Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Über den 8, Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus und dem Ende des 2. Weltkrieges, und wie er in Demmin in Vorpommern immer wieder zum Anlaß für Aufmärsche der Rechtsextremen wurde, habe ich schon hier auf der Wockensolle berichtet. Anlaß dafür war die Idee des Demminer Aktionsbündnisses 8. Mai, das Stadtbild und die Stimmung an diesem Tag mit bunt-Gestricktem aufzuhellen und eine neue Art des Protestes zu zeigen.
Daß dann im Deutschen Stricktreff beim Strickernetzwerk Ravelry nach einem Zweck für einen großen Garnvorrat gefragt wurde und wie wir die 30 Kilogramm dann nach Demmin ins Café 3K brachten..

Letztes Jahr fiel zum Glück der große Aufmarsch aus und die Wollereien schmückten das friedliche Städtchen an der Peene. Dieses Jahr droht immer noch Corona und größere Versammlungen und Aufmärsche fanden nicht statt.
Aber ein Friedensfest am Peene-Ufer mit Musik und auch ein paar Ansprachen - das gab es. Und es tat so gut!
Viele fröhliche junge Menschen bei wunderschönem Sonnenschein, engagiert und aufgeweckt und die Infostände von bunten Wollschals umgarnt - es gab keine Auseinandersetzungen, rechte Provokateure kamen nicht zum Vorschein und die Demokraten und Antifaschisten konnten nicht nur den Tag der Befreiung vom Faschismus feiern, und dem Aufruf Esther Bejaranos folgend,  einen bundesweiten Feiertag für dieses Datum und diesen Anlaß fordern, sondern auch an den 100. Geburtstag von Sophie Scholl erinnern, der am 9. Mai zu gedenken ist.

wie immer: für eine größere Darstellung auf ein Bild klicken!

Kurz bevor wir nach Demmin fuhren, brachte die Postbotin ein kleines Päckchen und dieses barg eine große, freudige Überraschung: Eine Leserin dieser Seite, die auf der Suche nach Informationen über Trachtenstrümpfe zur Wockensolle gefunden hatte und mit der ich auch schon ein paar wenige aber herzliche Mails wechseln konnte, hatte von einem alten Strumpfpaar geschrieben, einem sehr sehr alten Strumpfpaar, und daß sie mir dieses Paar schenken wolle.
Diese Großherzigkeit beschämte mich und als ich dann das Päckchen erhielt und es öffnete, war ich sprachlos und den (Freuden-)Tränen nahe:

Welch eine Gabe! Diese Strümpfe stammen wohl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, sind aus Baumwolle, mit einer wunderschönen Bogenkante und einer kleinen Saumlinie auf der Rückseite samt hübschen kleinen Abnahmen über der Wade.
So unwahrscheinlich fein gestrickt, daß es fast nicht zu glauben ist. Sie sind in der Runde gestrickt und nicht gewirkt und dann genäht, denn es gibt keine Nahtkante.

Ein Brautstrumpf aus dem 19. Jahrhundert

Ich fand noch keine Zeit den Strumpf genauer zu untersuchen, ich bin noch in der Phase des bewegten Staunens. Wie fein die Maschen, wie fein das Bündchen, die Abnahmen auf der Rückseite.

Bündchen und Monogramm

An der geschwungenen Bogenkante ist ein längeres Bändchen angearbeitet, wahrscheinlich zur Befestigung.
Das Monogramm ist mit winzigkleinen grünen Glasperlen gestickt und auf der Bein-Innenseite ist ein zusätzliches kleines rotes Monogramm mit winzigen Kreuzstichen gearbeitet.

Mechanische Strumpfstrickmaschinen gibt es schon lange, Und eine historische Sockenstrickmaschine habe ich auf meiner langen Shetlandreise im Jahr 2015 schon im Museum von Tangwick Haa gesehen.
Diese Maschinen waren im 19. Jahrhundert nicht nur in England weit verbreitet, denn sie waren handlich und viele Menschen haben sich mit diesen Maschinen in Heimarbeit Geld verdient.

Betrieben wurden sie mit einer Handkurbel, brauchten also außer der menschlichen Arbeitskraft keine weitere Energie.

Ob diese Strümpfe wohl auf solch einer Maschine hergestellt wurden oder doch mit der Hand gestrickt? Das versuche ich herauszufinden.

Erst einmal bin ich dankbar und glücklich. Über die Strümpfe und das Friedensfest in Demmin. Es war ein guter Tag!

Sockenstrickmaschine