Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

gibt es in der Textilsammlung des amerikanischen Cleveland Museum of Art. Durch einen Artikel in meinem abonnierten Arts Daily Newsletter, der die neue interaktive Präsentation in dem Museum vorstellte und einen Mann vor der Präsentation "Medieval Textiles" zeigte,brachte mich auf die Idee, die online vorgestellten Bestände doch einmal zu durchsuchen.

Cleveland Museum of  Art - Interaktive Präsentation

Cleveland Museum of Art - Interaktive Präsentation

Das Museum besitzt eine eindrucksvolle Sammlung von Textilien aus aller Welt und allen Zeiten, von der ägyptischen Mumienbinde (besitze ich auch) bis zu modernen Textilkreationen des 20. Jahrhunderts, insgesamt 5288 Exponate. Aber wenig Gestricktes. Eine dezidierte Suche nach gestrickten Exponaten (ich hatte inzwischen 60 Seiten zu je 30 Thumbnails durchgeblättert) brachte ein mageres Ergebnis:

Cleveland Museum of  Art - Gestrickte Exponate

Suchergebnis:
Cleveland Museum of Art - Gestrickte Exponate

Gerade mal drei Exponate: Serbische Brautschuhe aus dem 20. Jahrhundert, Wollstrümpfe aus Amerikas 18. Jahrhundert und ein gestricktes Halstuch von den Philippinen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Warum gibt es so wenige gestrickte Arbeiten in der Sammlung?

  • legten die Kuratoren keinen Wert auf diese Textiltechnik? Das kann ich mir nicht vorstellen
  • keine gestrickten Grab-Beigaben? Menschen wurden ja durch die Jahrhunderte in Prachtgewändern beigesetzt.
  • Nur wenige Ausgrabungen brachten Gestricktes an den Tag, so aus dem vorderasiatischen Raum aus dem 2. und 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung
  • Gestrickte Textilien waren zumeist Alltagsbekleidung. Waren sie zerschlissen, wurden sie nicht aufgehoben. Sie sollten nützlich sein, den Körper wärmen und schützen.
  • Anscheinend hat das Museum keinen Sammel-Schwerpunkt "Europäische Trachten", auf Stücke von den Inseln im Nordatlantik, aus Skandinavien, aus dem Alpenraum
  • Erst in der Neuzeit wurden gestrickte Textilien auch als Festbekleidung geschätzt. Bei zeremoniellen Anlässen wurde aber immer Wert auf wertvolle Stoffe und Stickerei gelegt, nicht auf kunstvolle Maschen. Können Sie sich einen Papst bei der Krönung mit einer Strickweste vorstellen?

Mit dem Aufkommen der Freizeit, seit der Entstehung des Bürgertums im 18. und 19. Jahrhundert war Stricken nicht mehr nur Technik zum Zweck, sondern auch Freizeitbeschäftigung. Erst seit dieser Zeit gibt es Kunststricken, erst seit dem 20. Jahrhundert toben wir uns mit bunten Garnen, komplexesten Mustern und dem hundertsten Schal aus ...

PS: Auch bei der Suche nach gehäkelten Ausstellungsstücken werden nur drei Exponate gefunden.

PPS: Das Cleveland Museum of Arts bietet zwar Bilder von den Exponaten zum Kauf an, aber keine Online-Rechte. Deshalb habe ich es bei den Screenshots belassen.
Link: Cleveland Museum of Arts - Online Collections