Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Orissaare, wo wir für ein paar Tage so gut untergekommen sind, liegt an der Ostseite der Insel Saaremaa und ist ein guter Ausgangspunkt für eine Rundfahrt über die Insel. Nun haben wir ja schon im letzten Jahr die Insel erkundet, und auf meinen Winterreisen war ich auch schon hier. Aber natürlich haben wir noch nicht alles gesehen. Und so mancher Platz wirkt im Sommer ganz anders als an einem tristen Novembertag.

Falscher Flieder in Mustjala

Auf einer Insel, die so groß wie Saaremaa ist, findet man immer wieder unbekannte Ecken und dieses Mal steuern wir das Bauernhofmuseum Mihkli an.

Auf dem Weg dahin schauen wir uns in der Galerie "Mustjala Käsitoosahver" in Mustjala um, danach machen wir Halt in Kuressare.

Unterkunft in Orissaare

Wir genießen das geräumige Ferienapartment mit Blick auf den Sund.

Mustjala Galerie

Ganz unerwartet trafen wir auf diese Galerie

In Kuressare

Mustjala Strümpfe

Mustjala war mir ein Begriff seit ich auf der Webseite des Nordiska Museet in Stockholm gestöbert und dabei die wunderschönen Socken entdeckt habe.

Die habe ich dann auch gleich gestrickt und schön öfter mit Genuß getragen.

Bei unserem ersten Besuch in Mustjala (November 2016) schien der Ort verlassen und öde, im Winterschlaf.

Aber jetzt hatten wir Glück. Im Sommer ist eine nette Galerie mit Café, Massagesalon und schönem Garten geöffnet: die Mustjala Käsitöösahver.

Es waren zwar Stricksachen im Angebot, aber von diesen Strümpfen / diesem traditionellem Muster hatte der nette junge Mann im Laden noch nicht gehört. Das heutige "Mustjala-Muster" ist schlichter.

wie immer: auf das Vorschaubild klicken!

Das Mihkli-Bauernhofmuseum ist im Gegensatz zu anderen Freilichtmuseen kein Sammler-Museum, hier wurde ein kompletter Bauernhof zum Museum erklärt. 6 Generationen lebten hier während 200 Jahre, und der letzte Besitzer übergab 1959 den Hof an das Saaremaa-Museum.

Selbst nach der Aufhebung der Leibeigenschaft im Russischen Reich 1861 waren die Bauern, über die der Hofherr herrschte, nicht wirklich frei, sie durften ihren Wohn- und Arbeitsort nicht selbst bestimmen, sie mussten an Ort und Stelle bleiben.

Heute ist Estland eine freie Republik mit freien Bauern, aber hat sich etwas geändert?
Heute herrscht die EU-Agrar-Verordnung ;=)

Im Hauptgebäude des Museums gab es Handarbeiten zu bestaunen: Eine Geburtstagsausstellung für Linda Pikkani, die am 19. Juli ihren 85. Geburtstag feiert. Ihre Familie und Freunde haben die Exponate zusammengetragen, es gibt sogar eine Facebook-Seite zu ihrem Jubiläum.

Die zwei nachstehenden Bilder stammen von der Facebook-Seite des Saaremaa-Museums, es war wohl ein großes Fest!

In der Ausstellung sahen wir wunderschön bestickte Vorhänge, Bettüberwürfe, Kleider und Stricksachen. Eine kleine Auswahl zeige ich in dieser Photoserie.

Nach dem Museumsbesuch legten wir eine Pause in Kuressare ein, genossen die Urlaubsstimmung am Ratshausplatz, stöberten im Buchladen und setzten uns in ein Café. Zu unserer Freude hatte Riina Tomberg Zeit und kam dazu. Eigentlich wollte sie gar nicht auf Saaremaa sein, das hatte sie mir gemailt. Aber nun war sie doch da und wir kamen zufällig an ihrem Haus vorbei, ich erkannte ihren roten Citroén Berlingo.... ein Treffen mit ihr ist immer eine Freude.

Riina erzählte uns, daß Linda Pikkani, die Jubilarin, die Stickereien auf ihren Creationen arbeitet. Und daß die Vögel auf den blauen Jacken, die meine Neffen im November bestellt hatten, also auch von ihr stammen. Ich finde es wunderbar, wie sich immer wieder die Fäden kreuzen, wieviel Verbindungen es zwischen uns gibt!

Da besuche ich eine Ausstellung und erfahre anschließend, daß Werke der Künstlerin bereits in unserer Familie sind!

Stickerei von Linda Pikkani
Frederic und seine Riina-Tomberg-Jacke

Wieder ein Tag voller Neuigkeiten, voller Schönheit, Überraschungen und Begegnungen. Aber es schleicht sich schon ein wenig Wehmut ein, denn am nächsten Tag, am 7. Juli, soll es schon nach Tallinn gehen, mit einem Zwischenstopp in Haapsalu. Die Zeit ist immer viel zu kurz, aber so intensiv, daß mehr vielleicht nicht auszuhalten wäre?