Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Musterstreifen und Strümpfe aus Schönberg I

Einen Bericht über die Studien im Volkskundemuseum Schönberg habe ich ja im letzten Beitrag angekündigt und das Museum war hier auf der Wockensolle auch schon öfter Thema. - seine Geschichte, die Veranstaltungen dort, die Schätze im Archiv und die Gefährdung durch den kulturfernen Bürgermeister des kleinen nordwestmecklenburgischen Städtchens.
Immer wollte ich einmal so richtig eintauchen in das Archiv dort und nach etlicher Zeit wurde das ja auch möglich: im Januar verbrachten Franz-Josef Klar, Claudia Krischer und ich zwei intensive Tage im Museum.

wie immer: für eine größere Darstellung auf ein Bild klicken!

Bestens vorbereitet von Christiane Woest erwartete uns ein lichtdurchfluteter Raum mit reichlich Platz zum Auspacken, Bestaunen und Studieren der Originale. Fast 40 Strümpfe und zwei Musterstreifen bekamen wir zu sehen, die meisten aus dem 19. Jahrhundert.

Wir bewunderten eine Tracht mit dem wunderschönen bestickten Brusttuch und einer schwarzen Schürze aus Rehna  und freuten uns über eine Haubenschachtel, die nach der kürzlich erfolgten Restaurierung einen geradezu aktuellen Text über der Illustration zeigte:

Die Katze und der Pudelhund schließen einen Friedensbund.

 

Haubenschachtel aus Schönberg
Musterstreifen aus dem Jahr 1824, Bild von der Seite https://www.museen-sh.de

Zwei Musterstreifen, gestrickt mit feinem Baumwollgarn, fanden sich in den Archiven, unterschiedlich alt. Der älteste Streifen stammt aus dem Jahr 1824, ist also 200 Jahre alt!

Er besteht aus 35 verschiedenen Mustern, ist 2,50m lang und ist aus weißer und roter Baumwolle gestrickt (s.a. die Museumseite im Museumsverbund Nord).
Als ich diesen Musterstreifen sah, entschied ich: Dieser Musterstreifen muss gefeiert werden, ser hat in 200 Jahren nichts von seiner Schönheit verloren, ist vollkommen unbeschädigt und zeigt Muster, die es wert sind studiert zu werden!

Ich liebe diese Musterstreifen, sie waren Lehrbuch und Vorlage für viele junge Frauen, zu einer Zeit als es noch keine Schullehrbücher für den Handarbeitsunterricht gab. Die Lehrerin oder Pfarrersfrau zeigte den Streifen, erklärte die Muster  und die Schülerinnen strickten das nach. Ich habe sogar gelesen, dass in einer Schule im Handarbeitsunterricht eine Schülerin ihren Mitschülerinnen das Muster diktierte und alle es nacharbeiten und auch notieren mussten.

Ich habe ja schon einen Musterstreifen aus dem estnischen Nationalmuseum nachgearbeitet und mir die einzelnen Muster notiert, aber dieser hier stellt mich vor ganz besondere Herausforderungen: etliche der Muster habe ich noch nie gesehen, etliche kenne ich aus den Büchern, die die Muster von Nanette Höflich, Charlotte Leander und Juliane Pauker in die die Gegenwart übertrugen, einige davon habe ich schon gestrickt, aber diese große Anzahl?
Das wird Geduld, Konzentration und viel Üben bedeuten und damit das nicht nur mein Privatvergnügen bleibt: vielleicht stelle ich die Musteranleitungen dann in einer Broschüre zusammen?
Mal sehen!

Der Musterstreifen und das Buch von Charlotte Leander, 1843

Charlotte Leanders' Buch "Anleitungen zum Kunststricken" und der guterhaltene Musterstreifen aus dem Jahre 1886.

Charlotte Leanders Anleitungen zum Kunststricken

Das Museum besitzt auch eine Originalausgabe eines der ersten deutschen Strickbücher: Charlotte Leanders' "Anweisung zur Kunst-Strickerei", das 1843 erstmalig erschien, 14 Hefte, wovon die ersten 10 Hefte dann auch gebunden herausgegeben wurden.
Dieses Buch wurde, wie das Bild zeigt, wirklich genutzt: es enthält eingerissene Seiten, Notizen auf leeren Blättern, Flecken und auch ein paar Kritzeleien.

Für uns bild- und stricktschrift-verwöhnte Strickerinnen sind solche Bücher eine Herausforderung: eine ungewohnte Sprache, wenig Illustrationen und auch viel Wissen, das wie selbstverständlich vorausgesetzt wird, das macht es mir nicht gerade leicht.
Aber ich habe jedes Muster in Großaufnahme photographiert, Vorderseite und Rückseite, und arbeite mich da nun durch.

Charlotte Leander, Anweisung zur Kunststrickerei, 1843

Charlotte Leander
Anweisung zur Kunst-Strickerei. Eine Sammlung von den leichtesten bis zu den schwierigsten Arbeiten ohne Anderer Beihülfe allein ausführen zu können.
Verlag:Erfurt, Hennings und Hopf, 1843.

Bevor ich im nächsten Beitrag die Strümpfe aus dem Museum und die wunderbaren Entdeckungen, die wir im Zusammenhang damit machen konnten, stelle ich hier noch drei Detailaufnahmen dieser wunderschönen Musterstreifen ein.

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