Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Vor 41 Jahren war ich zuletzt in Marrakesch, und ich erinnere mich in erster Linie an stressige Situationen: aufdringliche, geschäftstüchtige Händler und Schuhputzer und immer wieder junge Männer, die sich als "Petit Guide" aufdrängten und die Freude am Herumstreunen in der Altstadt verdarben. Es gab aber auch schöne, romantische Momente, ein Abend am Koutoubia-Minarett oder ein  Gang über den Platz der Gaukler.

In der Kasbah von Marrakesch

In der Kasbah von Marrakesch

Damals brauchten wir Wochen für die Anreise, heute fliegt man in 4 Stunden von Berlin in eine andere Welt. Ein schneller Wechsel, schnell sind wir in der Kasbah in unserem kleinen Hotel. Am ersten Tag erkunden wir erst einmal die Umgebung, leider regnet es ein wenig, das trübt die Freude.

Am zweiten Tag dann schien uns die Sonne und wir machten uns auf den Weg in die Altstadt. Auf dem Weg zum "Musée de Marrakech" kam ich am ersten Faser-Laden vorbei: hier verkauft man die bunten feinen Fäden, mit denen die traditionellen Gewänder bestickt werden. Einer sagt, das sei "Seide aus Agavenfasern", der andere sagt, es sei Kunstfaser aus China, aber egal. Die kleinen Stränge werden hier in Heimarbeit gewickelt und in diesem Laden an die Handwerker weiterverkauft.

Ich weiß zwar nicht, wofür ich diese hauchfeinen Fädchen gebrauchen kann, aber widerstehen konnte ich auch nicht und so habe ich 6 verschiedene Farben für 18 DIrham, das sind 1,80 €, eingekauft. In diesem Laden machten wir die Bekanntschaft von Sala, einem Tuchhändler, der in Deutschland studiert hat und uns auf sehr sympathische Weise über das Leben heute in Marokko erzählte. Ich erzählte ihm, daß ich eine kleine rote Berbertasche kaufen möchte, wie ich sie mir vor über 40 Jahren schon einmal gekauft habe: außen rotes Leder, innen helles Leder, und die Lasche mit rotem Garn bestickt. Diese Berbertaschen gäbe es heute fast nicht mehr, die Herstellung sei zu aufwendig, meinte er. Da müsse ich lange suchen. Ja, das habe ich.

Kleine rote Berbertasche

Kleine rote Berbertasche

und ich habe sie dann auch gefunden. Spürsinn braucht es dazu.

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Ich habe die gesuchte Tasche dem Taschenhändler, bei dem ich die einzigen Berbertaschen im Aushang sah,  genau beschrieben, dann eine Zeichnung gemacht und dann ging der junge Verkäufer ins Lager, suchen. Ob er auch bei anderen Händlern nachgefragt hat, weiß ich nicht, es dauerte jedenfalls eine Weile, nach einer Dreiviertelstunde kam er mit drei Taschen zurück und die gesuchte Tasche war dabei! Die zwei untersten Taschen auf dem Bild  habe ich dann erhandelt, zusammen für 550 Dirham, das sind keine 10 Mark mehr wie früher, aber ich bin ja auch keine arme Studentin  mehr.

Dann, nachdem dieses Geschäft abgewickelt war, fragte ich nach Wolle und "unser" Händler brachte uns durch das Gewirr der Gassen zu einem Woll-Großhändler. Den Laden hätte ich nie gefunden. Ich durfte mich umschauen und eintauchen. Auf den Regalen die Konen mit dem feinen (chinesischen?) Garn, in einem Nebenraúm bereits konfektionierte Wollpakete und überall Stränge mit Garn in mehreren Stärken und vielerlei Farben.
Ich füge hier ersteinmal einige Bilder ein, mehr dazu werde ich nach dieser Reise schreiben. Aber dies noch: eine der ganz besonders ins Auge stechenden Farben ist das Bleu Majorelle, benannt nach dem französischen Maler Jacques Majorelle, der hier in Marrakesch gelebt und einen herrlichen Park geschaffen hat. Das Blau kommt dem Blau von Yves Klein nahe, eine meiner Lieblingsfarben, und so habe ich mir natürlich Wolle gekauft.

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Und diese drei Stränge, tiefes Rot, Bleu Marjorelle und Türkisblau, bringen 1300g auf die Waage. Das macht bei einem Preis von 200 Dirham/Kilogramm gerade mal umgerechnet 25€.

Mein erster EInkauf

So ein Tag mit Feilschen, Staunen, Teetrinken und Geldausgeben ist anstrengend. Aber auch anregend. Auf dem Rückweg in die Kasbah kamen wir im Abendlicht an der erleuchteten Koutoubia-Moschee vorbei, der Muezzin rief zum Abendgebet und auf den Mauern des Bab Agnaou saßen die Störche. Über die werde ich auch noch schreiben, muss aber noch mehrere Fotos von ihnen machen.

Der Tag klang aus mit leckeren Speisen im Café Clock, gerade um die Ecke bei uns. Dort in dem netten Café wird viel geboten, gestern abend waren es Geschichtenerzähler. Morgen steht traditionelle Musik auf dem Programm. Wir werden da wohl Stammgäste!

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