Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

http://commons.wikimedia.org/wiki/User:KimbarSo manches muß sich erst verpuppen, bevor es sich in wahrer Schönheit entfalten kann und aus so mancher häßlichen Raupe schlüpft ein wunderbarer Schmetterling. Das ist bekannt. Trivial. Daß auch Wollmotten Eier legen, wissen wir auch und so liegt es nahe, die Vorstufen dieser Schädlinge Sockenpuppen zu nennen. Dem ist aber nicht so ;=)

Bisher wußte ich, daß man mit alten Socken und ein wenig Phantasie auf die Schnelle Handpuppen improvisieren kann, wenn mal wieder ein gelangweiltes Kleinkind quengelt. Solche Sockenpuppen landen meist schnell wieder in der Sockenschublade, weil es doch bequemer scheint,  die Tele-Tubbies ein zu schalten und das Kind dann wieder sich selbst zu überlassen.

Nachhaltigere Versionen schaffen es dann bis in Youtube und diverse Anleitungsforen oder werden den Betuchteren, aber nadeltechnisch Ungeschickten bei Dawanda oder Amazon angeboten. Die allfällige Anleitungsliteratur wiederum ist auch äußerst reichhaltig, von kindlich ("Kleine Sockenfreunde: Niedliche Tiere und Figuren nähen") bis abgehoben ("Star Wars: Das STAR WARS Bastelbuch") ist alles dabei.

Sockenpuppe UnterwegsEin mehrjähriges Forschungsprojekt Schweizer und Albanischer Pädagogen zum Thema "Interkulturelles Figurenspiel" hat dann herausgefunden, daß solche Viecher die transkulturelle Verständigung kräftig befördern und laden nun zur Buchvorstellungsparty ein. (Mehr Informationen und PDF-Leseproben gibt es auf dieser Seite.)  Eine Erkenntnis, die jedem, der einmal ein Puppentheaterfestival besucht hat, nicht fremd ist.

 http://commons.wikimedia.org/wiki/User:KimbarDiese Viecher haben aber auch noch ein ganz anderes, ein digitales Leben: So bezeichnet das Determinativkompositum "Sockenpuppe" in der Netzkultur falsche Benutzeraccounts, die aus unterschiedlichsten Gründen angelegt werden, sei es um anonym bleiben zu können, Meinungen zu manipulieren oder mehrere Stimmen zu ergattern.  Diese digitalen Sockenpuppen haben es in der ehrwürdigen Wikipedia sogar zu zwei Einträgen gebracht: einmal gibt es da den Artikel Sockenpuppe (Netzkultur) und dann diesen Beitrag: Wikipedia:Sockenpuppe. Und etliche Scherz-Wikis informieren auch über diese Spezies: Bei der Kamelopedia im Artikel Sockenpuppe (Vollsocke) oder in der Stupipedia. Ganz schön prominent also.

Sogar eine Facebook-Gruppe gibt es, aber das sind dann wieder harmlose Tierchenstricker.

Mich hat ein Artikel bei heise.de auf die Sockenpuppen aufmerksam gemacht, wo es um Werbe-Artikel in der Wikipedia geht, die mit solchen falschen Identitäten erstellt werden. So gibt es anscheinend etliche funktionierende Geschäftsmodelle, um Werbung oder irreführende Informationen in dieses Nachschlagewerk einzuschleusen. Wer schon einmal versucht hat, eine Information in Wikipedia einzutragen und an der Ignoranz und/oder Selbstgefälligkeit der Artikelgenehmiger fast verzweifelt ist, kann da nur vermuten, daß da doch auch so manches Auge zugedrückt worden sein muß.

Grüne SockenpuppeUnd jetzt gestehe ich hiermit, daß ich auch mit digitalen Sockenpuppen spiele: sei es, daß ich solche netten Mail-Accounts wie
"neuer.wein.in.alten.schlaeuchen(at)kugelmail.com"
oder
"koennte.euch.so.passen(at)kugelmail.com"
nutze, um irgendwelche Registrierungszwänge zu überstehen,  oder auch schon mal zu gefakter Identität greife.

So habe ich mich vor etlichen Jahren in der Auseinandersetzung mit einem starrsinnigen CMS-Entwickler, der jedweden Kritiker oder Verbesserungs-Einforderer aus dem Forum schmiß,  immer wieder mit neuem Namen dort angemeldet. Mein  zuletztgenutzte Fake-Name war Pheidippides ("Freut Euch, wir haben gesiegt!"), hat mir aber auch nicht geholfen. Die Fehler im System bestehen immer noch und ich nutze inzwischen ausgereiftere ContentManagementSysteme. Einmal wurde ich fast sogar identifiziert: "You sound like Connie" stand da unter einem meiner Einträge.

Mal sehen was man mit den DIngern noch so anfangen kann! Oder wofür sie sonst noch nütze sind!