Charlotte Leander, Anweisungen zur Kunststrickerei, 1843

Ein wenig Pech hatten wir schon auf dieser Reise: in Tartu ist das Estnische Nationalmuseum geschlossen und das Museum in Pärnu, das gleich drei interessante Ausstellungen (Created from Animals, Made of Wood und eine Ausstellung über Perlen) ankündigt, ist wie so viele Museen auf der Welt, montags ebenfalls dicht.

Handicraft Explosion ist der Oberbegriff der drei Ausstellungen, die ich nun leider nicht sehen kann, denn wir können nicht bis Dienstag warten: für den Dienstag habe ich mir einen festen Termin vorgenommen, das dienstägliche Strick-Treffen im Spitzen-Zentrum in Haapsalu. Also verschiebe ich den Besuch in Pärnu auf meine nächste Reise und wir machen uns auf den Weg nach Haapsalu im Nordwesten.

Landstraße in der Region Mugli

 

Wir fahren Richtung Viljandi und Olustvere, wo ich ja im Sommer schon mal gewesen bin. Jetzt im November ist alles ein wenig düsterer, wir halten uns nicht lange auf. Ich hätte Heinz gerne Anu Rauds Museum in Heimtali gezeigt, aber das ist Montags auch geschlossen.In Viljandi

Also fahren wir weiter, und die Landschaft wird immer ruhiger, die Besiedelung immer dünner.

Hier haben sich, wie ich dem Buch Mulgi kirikindad ja kirisukad (Gemusterte Handschuhe und Strümpfe aus Südestland (Mulgimaa)) aus dem Jahre 1960, das ich in Tartu im Antiquariat gefunden habe entnehme,  die Traditionen länger erhalten und die Stricksachen dieses Gebietes wie die übrige materielle Kultur bilden eine örtliche Sondergruppe.

Interessant ist, daß dieses Gebiet nocheinmal in einen östlichen und einen westlichen Bereich aufgeteilt werden kann: im westlichen Bereich wird mit sehr feinem Garn gestrickt, so z.B. weiße Strümpfe mit einem schmalen Musterstreifen. Im östlichen Teil hingegen seien die Garne gröber und die Garne anspruchsloser, dafür fand man hier dicke Waden immer besonders schön und so haben die Socken stark ausgebuchtete Wadenteile; was wohl zum Ausstopfen genutzt wurde?

Socken aus Tarvastu., 19. Jahrhundert

Das Buch werde ich später noch ausführlich vorstellen. Ein kurzer Stopp in Olustvere, ich zeige Heinz den Park, die Schule und die Workshop-Plätze und dann fahren wir weiter und genießen die spärlich besiedelte Landschaft.

In Olustvere

Achtung Elch!Immer wieder warnen Schilder vor Elchen, wir sehen aber keine, auch die Wölfe und Bären zeigen sich nicht, dafür haben die Störche richtig feudale Nester mit Stromanschluß und Isolation ;=)Ein elektrifiziertes Storchennest

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OrtseinfahrtszeichenAuch auf kleinen ungepflasterten Straßen kommen wir gut voran, ab und an ist eine verlassene, ruinöse Kolchose zu sehen, vereinzelte Gehöfte, wenig Dörfer.  Eigentlich gibt es fast keine Dörfer, nur benannte Siedlungsgebiete mit einer Kreuzung und ein paar Geschäften. Deshalb zeigen die Ortseinfahrtsschilder auch keine Ortsnamen an, ab und an steht der Name beim Ortsausfahrtszeichen, dann weiß man wenigstens wo man gerade gewesen ist ;=)

Schon im Dunkeln kommen wir in Haapsalu an, ein Ort, auf den ich mich schon lange gefreut habe, denn er ist weltberühmt für seine Spitzenstrickerei. Die wunderbaren Schals sind ja durch Nancy Bush in der ganzen Welt berühmt gemacht worden.
Nun ist aber keine Saison, viele Geschäfte und Restaurants geschlossen, also verschieben wir den Stadtrundgang auf den morgigen Tag, aber erst nach dem Besuch im Pitsikeskus, dem Spitzen-Zentrum.